Das Grossmünster wird zur Grossbaustelle
Zürichs Wahrzeichen verschwindet die nächsten vier Jahre hinter Baugerüsten. Die Kirche Grossmünster muss instandgesetzt werden, damit kein Zerfall droht. - Von Ginger Hebel
1936 waren die Glockentürme schon einmal eingerüstet.
Bild: Baugeschichtliches Archiv
Zürichs Wahrzeichen verschwindet die nächsten vier Jahre hinter Baugerüsten. Die Kirche Grossmünster muss instandgesetzt werden, damit kein Zerfall droht. - Von Ginger Hebel
Das Grossmünster verschwindet hinter Baugerüsten. Einheimische aber auch Touristen werden die bedeutende Stadtkirche mit den 64 Meter hohen Doppeltürmen die nächsten vier Jahre von aussen als Grossbaustelle erleben. Derzeit wird die Ost- und Südfassade eingerüstet. Bald beginnt die Instandsetzung der Natursteinfassade. Risse und witterungsbedingte Schäden in der Steinmauer werden repariert. «Diese anspruchsvollen Arbeiten sind jetzt nötig, um die historische Bausubstanz zu erhalten, damit wir langfristig nicht vor einem zerfallenen Bauwerk stehen», erklärt Gesamtprojektleiter Lorenz Leuenberger.
Die Einrüstung ist komplex. Das Baugerüst muss so installiert werden, dass es die Fassade möglichst nicht berührt. Auch der Vogelschutz spielt eine entscheidende Rolle. Die Kirchentürme sind Brutstätten von Dohlen und Alpenseglern. «Wir müssen ihnen auch künftig Nistmöglichkeiten bieten. Aus diesem Grund dürfen die Gerüste nur zwischen September und März aufgebaut werden. Am Baugerüst werden extra Nistkästen befestigt», sagt Leuenberger.
Die Kirche wird von Kopf bis Fuss generalüberholt, die Gebäudehülle instandgesetzt und der Dachreiter saniert. Die bunten Chorfenster von Augusto Giacometti erfordern eine anspruchsvolle Spezialreinigung. Beim Orgelfenster wird die Verglasung erneuert, um Temperaturschwankungen hinter der Orgel zu reduzieren. 2023 wurde bereits mit der Sanierung der Innenräume und Fenster sowie der Statue von Karl dem Grossen in der Krypta begonnen. Für die Instandsetzung der Hülle sind knapp 10 Millionen Franken aus dem Rahmenkredit freigegeben. Für alle drei Teilprojekte wurde eine Gesamtsumme von 35 Millionen Franken inklusive Vorstudie bewilligt.
«Die Bauarbeiten unter Betrieb sind eine grosse Herausforderung. Da die Kirche offenbleibt, müssen alle Zugänge für die Besucherinnen und Besucher entsprechend geschützt werden», sagt Leuenberger. Jährlich besuchen rund eine halbe Million Menschen die zwischen 1100 und 1220 erbaute Kirche. Gottesdienste, Führungen und Veranstaltungen finden weiterhin statt, je nach Bau-Etappe mit entsprechenden Einschränkungen.
Positive Grundstimmung
Architekt Lorenz Leuenberger arbeitet seit 12 Jahren beim Hochbauamt des Kantons Zürich als als Bauherrenvertreter. Er hat schon viele denkmalgeschützte Sanierungsprojekte begleitet, darunter Parkanlagen, das Menzihaus am Lützelsee in Hombrechtikon, die Kirche Kappel am Albis oder das Schloss Kyburg. Das Grossmünster ist sein grösstes Projekt und das für die breite Öffentlichkeit relevanteste. Es sei eine spannende und vielseitige Aufgabe, als Gesamtprojektleiter die unterschiedlichen Anforderungen und Interessen zusammenzuführen. «Wir arbeiten eng mit verschiedenen Stellen zusammen, mit dem Kanton Zürich, der Kirche, der Denkmalpflege. Es herrscht eine positive Grundstimmung, denn alle teilen die Faszination und Begeisterung für diese bedeutende Kirche.» Aufwendig für die Bauleitung sei die Koordination. Zeitgleich werden im ganzen Nieder- und Oberdorf die Werkleitungen ersetzt, die engen Platzverhältnisse sind eine grosse Herausforderung.
1890 wurde das Grossmünster schon einmal instandgesetzt. Die letzte grosse Sanierung fand in den 1930-er-Jahren statt, damals wurden Schäden an der Fassade repariert und Steine ersetzt. Zwischen 1977 und der Jahrhundertwende wurden immer wieder Auffrischungsarbeiten vorgenommen. Künftig soll der Zustand periodisch alle 5 bis 10 Jahre geprüft werden. Bei Bedarf werden kleinere Instandsetzungen kontinuierlich vorgenommen, um grosse Schäden zu vermeiden.
Ab Frühling 2026 wird die ganze Kirche mitsamt der Doppeltürme eingerüstet sein. «Die Wirkung im Stadtbild wird sich dadurch verändern», sagt Lorenz Leuenberger. Der Kanton Zürich plant deshalb eine Kunstinstallation an der verhüllten Kirche.
Weitere Informationen: www.zh.ch/grossmuenster
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