Kann in mehrfacher Hinsicht üble Folgen haben: Schimmel in der Wohnung. Symbolbild: AdobeStock
04.02.2025 15:30
Nur keinen Schimmel ansetzen
RATGEBER Wird die feuchte Luft nicht nach draussen geleitet und durch trockene Frischluft ersetzt, schlägt sich die Nässe auf den Wänden nieder. Die Folge ist Schimmel. Zu dessen Vermeidung und Bekämpfung hat das «Tagblatt» zusammen mit Experte Kevin Dobler sowie HEV Schweiz und Mieterverband Zürich einen Ratgeber konzipiert. - Von Sacha Beuth
Schimmelpilze in Gebäuden haben zwar das ganze Jahr Saison. Die Problematik akzentuiert sich aber nicht selten im Winter, wenn etwa nach dem Duschen oder Kochen warme und feuchte Luft auf kalte Aussenwände trifft und nicht oder falsch gelüftet wird. Mit Hilfe von Experte Kevin Dobler, Geschäftsführer Dobler-Bautenschutz AG, sowie HEV Schweiz und Mieterverband Zürich hat das «Tagblatt» einen Ratgeber verfasst. Dieser erklärt, wie Schimmel genau entsteht, welche Schäden er anrichten kann, wie man ihn am besten vermeidet und wer bei Befall die Verantwortung trägt.
Wann beziehungsweise unter welchen Bedingungen entsteht in einer Wohnung/in einem Gebäude Schimmel?
Kevin Dobler: Es gibt es drei Faktoren, die der Schimmelpilz benötigt, um zu wachsen: Temperaturen von +5 bis +45° C, Nährboden aus organischen Substanzen wie Hausstaub mit Hautschuppen, Holz, Gemüse und dergleichen und die Bauteil-Feuchtigkeit beziehungsweise eine Luftfeuchtigkeit von mehr als 60 Prozent. Die ersten beiden Parameter sind in unseren Wohnungen praktisch immer gegeben. Dementsprechend ist die Feuchtigkeit entscheidend. Kommt sie ins Spiel, beginnen sich die Schimmelpilze auszubreiten. Der Grund für die Feuchtigkeit ist dabei irrelevant.
Welche Schäden können Schimmel verursachen und welche Arten von Schimmel gibt es?
Dobler: Schimmel können sowohl die Bausubstanz, die Möblierung wie die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen. Letzteres ist sehr individuell und je nach Krankengeschichte, Alter und Art der Exposition – wird er berührt, eingeatmet oder eingenommen – unterschiedlich. Der hierzulande aggressivste Schimmelpilz in Gebäuden ist Stachybotrys. Dieser äussert sich etwa durch Grippesymptome, Atembeschwerden, Haarausfall oder Durchfall. Er kommt aber eher selten vor. Aspergillus hat zwar weniger starke Auswirkungen, ist dafür weit verbreitet. In vielen Fällen handelt es sich bei Schimmel in Gebäuden um Aspergillus.
Unter welchen Umständen kann man Schimmelbefall selber erfolgreich bekämpfen und ab wann ist dafür eine Fachperson nötig?
Dobler: Kleineren Schimmelpilzbefall bis etwa Handgrösse kann man selber versuchen zu bekämpfen. Dehnt er sich darüber aus oder kommt an mehreren Stellen vor, sollte man eine Fachperson beiziehen. Eine Abklärung, warum dieser entstanden ist, lohnt sich aber so oder so, da immer eine physikalische Ursache zugrunde liegt. Solange die Ursache nicht behoben wurde, wird sich der Schimmelpilz wieder ansiedeln.
Wie geht man bei Schimmelbefall als Eigentümer beziehungsweise Mieter am besten vor?
Dobler: Auch dies ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ich empfehle grundsätzlich, den Befall mit Fotos zu dokumentieren und eine Fachperson beizuziehen.
Wo findet man Fachpersonen und mit welchen Kosten ist zu rechnen?
Dobler: Hier kann ich auf den SPR-Schweiz (Verband für Schimmelpilz und Raumgiftsanierung, sprschweiz.ch) verweisen, in welchem wir selbst aktives Mitglied sind und auch Schulungen anbieten. Die Kosten für eine Entfernung sind je nach Stärke des Befalls unterschiedlich und können normalerweise erst vor Ort bestimmt werden. Sie beginnen ab rund 350 Franken. Mir sind aber auch Fälle bekannt, wo die Entfernung mehrere Tausend Franken kostete.
Wann ist für Schimmel der Mieter und wann der Vermieter verantwortlich?
HEV Schweiz: Generell ist der Mieter verpflichtet, einen Schimmelbefall unverzüglich dem Vermieter zu melden. Ist der Schimmel vom Mieter erkannt, aber dem Vermieter nicht gemeldet worden, ist der Mieter für die Folgeschäden verantwortlich. Ist die Schimmelpilzbildung auf ein unsachgemässes Lüft- und Heizverhalten des Mieters zurückzuführen, hat der Mieter den Schimmel zu verantworten und muss für die Kosten der Mängelbehebung aufkommen. Ist der Schimmel aufgrund eines Baumangels entstanden (beispielsweise infolge schlechter Isolierung), ist der Vermieter für den Schimmel verantwortlich.
Mieterverband Zürich: Schimmel im Mietobjekt ist ein mietrechtlicher Mangel. Die Vermieterschaft muss nach Meldung den vertragsgemässen Zustand wiederherstellen. Mieter können für unsorgfältigen Gebrauch verantwortlich sein, aber mangelhaftes Lüften ist selten die alleinige Ursache. Lüften dient primär dem Feuchtigkeitsabbau und sollte kurz und effektiv erfolgen. Ein Mietobjekt, das mehrmals täglich gelüftet werden muss, um Schimmel zu vermeiden, weist bereits einen Mangel auf, da es nicht normal nutzbar ist.
Was passiert, wenn die Verantwortung unklar ist und sich diese Mieter und Vermieter gegenseitig zuschieben?
Mieterverband Zürich: Mieter müssen nachweisen, dass es Schimmel im Mietobjekt hat. Der Nachweis ist bei sichtbarem Schimmel in der Regel einfach zu erbringen. Vermieter müssen während und bei Rückgabe der Mietsache nachweisen, dass Schimmel durch Mieterfehlverhalten entstand. Dies ist relevant bei Kostenweiterverrechnung oder Verweigerung der Mietzinsherabsetzung. Der Nachweis fehlerhaften Lüftens gelingt meist nur durch mehrtägige Messungen. Heikel kann die Möbelplatzierung an Aussenwänden sein.
HEV Schweiz: Der Vermieter muss das Verschulden des Mieters beweisen können, zum Beispiel durch ein entsprechendes Gutachten. Misslingt der Beweis, muss der Vermieter infolge Unterhaltspflicht die Kosten übernehmen.
Wie verhindert man am wirkungsvollsten Schimmelbefall?
Dobler: Sollten keine bauphysikalischen Gründe oder Wasserschäden vorliegen, kann man mit einem guten Klimahaushalt (richtiges Lüften/Stosslüften) dem Schimmelpilz effektiv vorbeugen. Dazu ist die Temperatur in der Wohnung zwischen 20 und 23°C und die relative Luftfeuchte zwischen 40 und 60 Prozent zu halten.