Umstrittener Mehrzweckstreifen auf der Nordstrasse/Nordbrücke. Der Ausschnitt zeigt die Stelle, wo sich im Mai 2024 ein Unfall ereignete. Bild: PD
11.02.2025 17:03
Streit um Streifen
Der Quartierverein Wipkingen und die Stadt liegen im Zwist. Grund ist der Mehrzweckstreifen auf der Nordstrasse. Während die Stadt diesen erhalten will, sieht der Quartierverein darin eine unnötige Gefahrenquelle. - Von Sacha Beuth
Die Idee des Mehrzweckstreifens ist an sich bestechend. Die Querung der Strasse ist für Fussgänger auf einer breiten Fläche möglich und Fahrzeuge brauchen meist nur abzubremsen oder kurz zu halten, um Erstere passieren zu lassen. Der Verkehrsfluss wird erhöht und alle Teilnehmer des Mischverkehrs profitieren. Allerdings ist das Kreuzen ohne Fussgängerstreifen und Fussgängerschutzinsel nicht ungefährlich. Auch weil die relativ neue Kennzeichnung und die damit verbundenen Regeln – etwa dass Fahrzeuglenker Vortritt haben, aber an sich Fussgänger queren lassen sollen – vielen unbekannt sind.
Nach Ansicht von Beni Weder, Präsident des Quartiervereins Wipkingen, gilt dies auch für den Mehrzweckstreifen auf der Nordbrücken. Dort hatte die Stadt für einen zweijährigen Test eine derartige Markierung im Sommer 2021 anbringen lassen. «Mit dem Resultat, dass es im Mai 2024 zu einem Unfall kam. Ein Automobilist hatte gestoppt, um eine Fussgängerin queren zu lassen, als ein Velofahrer am haltenden Auto vorbeiraste und mit der Fussgängerin kollidierte. Beim Unfall wurden sowohl Fussgängerin wie Velofahrer leicht verletzt», erzählt Weder. «Aber es hätte viel schlimmer enden können. Dabei hatten wir bereits im November 2023 die Stadt auf die Gefahren des Mehrzweckstreifens hingewiesen und mittels Petition an den Stadtrat gefordert, statt des Mehrzweckstreifens wieder einen Fussgängerstreifen anzubringen». Auto-, Velo- und Fussverkehr müssten klar getrennt werden. So bleiben könne es jedenfalls nicht. Zudem ärgert sich Weder, dass es nach der Eingabe der Petition rund sechs Monate gegangen sei, bis eine Reaktion von Stadträtin Karin Rykart erfolgte. «Und jetzt sind wieder acht Monate vergangen, ohne dass sich etwas getan hat». Der Quartierverein Wipkingen hat darum vor Kurzem eine Anwaltskanzlei beauftragt abzuklären, ob im Zusammenhang mit dem Mehrzweckstreifen an der Nordstrasse die Signalisation überhaupt rechtens ist, ob es eine Rechtsgrundlage für versuchsweise Signalisationen gibt und ob es eine ordentliche Ausschreibung nach Strassengesetz braucht.
Streifen bleibt vorerst
Mit den Vorwürfen und Forderungen konfrontiert, bezieht Roger Schaad, Projektleiter Kommunikation beim Tiefbauamt, Stellung. Generell ziehe die Stadt ein positives Fazit der Versuchsphase. «Deswegen soll der Mehrzweckstreifen bis zum definitiven Umbau als Provisorium erhalten bleiben. Dies wurde so im April 2023 anlässlich einer Informationsveranstaltung im Quartier kommuniziert.» Da aufgrund der Rückmeldungen aus dem Quartier mit dem Wunsch nach Fussgängervortritt und Tempo 20 nochmals verschiedene Varianten geprüft würden, verzögere sich nun das Bauprojekt. Eine nach Nutzern getrennte Gestaltung sei aus Sicht der Stadt keine gute Option, da sie nicht den Zielen für ein Quartierzentrum und Fussgängerbereich gemäss kommunaler Richtplanung entspricht. Die Fahrzeuge würden zu schnell fahren. Es käme zu kanalisierten Fussgängerströmen an Fussgängerstreifen und Störungen beim ÖV. «Im Übrigen sind Fussgängerstreifen keine Massnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, sondern regeln den Vortritt.»Und um die Verkehrsteilnehmenden über den Mehrzweckstreifen zu informieren, habe die Stadt bei der Einführung gut sichtbare Informationstafeln aufgestellt, Flyer verteilt und Schulungen angeboten.
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