Schluss mit «Happy Day»
Röbi Koller moderiert am 5. April zum letzten Mal die SRF-Sendung «Happy Day». Der 67-Jährige macht Platz für die Jüngeren. Zum Abschied erscheint sein Buch «Backstage». - Von Ginger Hebel
Fernsehprofi Röbi Koller hört auf. Bild: Gian Andrea Huonder
Röbi Koller moderiert am 5. April zum letzten Mal die SRF-Sendung «Happy Day». Der 67-Jährige macht Platz für die Jüngeren. Zum Abschied erscheint sein Buch «Backstage». - Von Ginger Hebel
Was ist für Sie ein Happy Day?
Röbi Koller: Ein Tag mit nicht zu vielen Terminen, aber dennoch mit einer Struktur. Ich bin teilpensioniert, arbeite als Moderator, freier Journalist und Autor. Mein Ziel ist es, die Agenda nicht künstlich zu füllen aus Angst vor einer möglichen Leere.
«Happy Day» hat im Programm des Schweizer Fernsehens einen festen Platz und ein treues Publikum. Warum hören Sie, trotz Erfolg, nach 18 Jahren auf?
Weil man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist. Und auch dann, wenn es noch gut läuft und nicht alle denken, dass man jetzt aufhören sollte, nur man selber merkt es nicht. Viele Freundinnen und Freunde von mir gehen in Rente und haben mehr Zeit für sich und ihre Partnerinnen und Partner. Ich habe Lust auf eine neue Phase im Leben. Die Sendung wird mit meinem Nachfolger Nik Hartmann ein neues Kapitel aufschlagen. Es freut mich, dass das SRF eine erfolgreiche Show wie «Happy Day» weiterzieht.
Sie haben den Menschen Herzenswünsche erfüllt, Reisen ermöglicht, Häuser renoviert. Wie wird man zum Wunscherfüller?
Wir haben ein Budget wie jede andere Fernsehsendung auch, ohne geht es nicht. Hinzu kommen Sponsoren, die Extra-Leistungen abdecken, zum Beispiel beim Hausumbau oder bei Flugreisen. Hinter «Happy Day» steckt ein engagiertes Team. Wir sitzen wöchentlich zusammen und überlegen, wie wir die Wünsche der Zuschauerinnen und Zuschauer erfüllen können und wie es uns gelingen kann, zusätzliche Mittel zu beschaffen und Beziehungen spielen zu lassen.
Welche Wünsche sind nicht realisierbar?
Es gibt finanzielle Grenzen. Lange Zeit war es beispielsweise nicht möglich, hinter die Kulissen des Formel-1-Zirkus zu blicken. Heute gelingt das. Auch Reisen sind nur umsetzbar, wenn der zeitliche Aufwand in Grenzen liegt. Es gibt auch immer wieder Menschen, die sich von uns Geld wünschen. Das geht natürlich nicht! Ein Wunsch muss dramaturgisch gut umsetzbar sein, damit das Publikum am Fernsehen dran bleibt.
Traurige Schicksale sind ein Teil von «Happy Day». Wie wahren Sie die emotionale Distanz?
Viele Menschen haben Schlimmes erlebt. Es ist wichtig, teilzuhaben an diesen Schicksalen, zuzuhören, aber auch, sich abzugrenzen. Als Moderator einer Unterhaltungssendung muss ich meinen Job erfüllen. Ich darf mich in einer Geschichte nicht verlieren. Wir mögen auch lustige Wünsche wie die einer Oma, die mit dem Panzer fahren will oder einer Frau, die davon träumt, einen Tag lang die Müllabfuhr zu begleiten. Lachen ist wichtig. Wir wollen nicht, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer im Tränental versinken.
In Ihrem Buch geben Sie Einblick in die Machart der Sendung und feiern die Heldinnen und Helden des Alltags. Was macht einen Menschen für Sie zum Helden?
Helden sind selbstlos, sie packen das Leben an den Hörnern und machen das Beste daraus, auch wenn sie viel Gegenwind erfahren und Schicksalsschläge einstecken müssen. Solidarität und Mitgefühl sind Werte, für die auch wir bei «Happy Day» einstehen. Mein Buch ist auch eine Chronik und gibt Einblick ins Fernsehhandwerk.
Sie machen seit bald 40 Jahren Fernsehen. Wie hat sich das Medium entwickelt?
In den letzten Jahren blieb kein Stein auf dem anderen. Heute gibt es so viele verschiedene Plattformen und Kanäle, auch online, die Auswahl ist grösser, doch die Aufmerksamkeit der Leute ist nicht mehr geworden. Durchs Handy lassen sie sich schneller ablenken, das macht Fernsehen anspruchsvoller. Fernsehen steht unter Druck, man muss mehr leisten mit weniger Geld. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es ein öffentlich-rechtliches Fernsehen braucht, mit professionellem Journalismus als Basis.
Sie sind Journalist aus Herzblut. Was macht den Beruf besonders?
Ich bin ein 'gwundriger' Mensch. Als Journalist erhält man die Möglichkeit, verschiedenen Menschen zu begegnen, in fremde Welten einzutauchen, hinter die Kulissen zu schauen und Fragen zu stellen, die man als Normalbürger nie stellen würde. Das ist ein Privileg. Als Journalist muss man neugierig sein und die Fähigkeit besitzen, zu staunen. Wenn man das verliert, muss man den Job an den Nagel hängen.
Sie sind 67. Wie gehen Sie mit dem Älterwerden um?
Es ist eine Phase des Lebens, die es zu akzeptieren gilt. Das fällt weniger leicht als noch mit 30. Es passieren Dinge, auch gesundheitlich habe ich mit Abnutzungserscheinungen zu kämpfen, so habe ich ein künstliches Hüftgelenk. Das Alter gibt aber auch mehr Freiheiten. Manchmal wünschte ich mir mehr Respekt älteren Menschen gegenüber. Mein Vater wurde in Istanbul geboren und wuchs dort auf. Die Alten erfahren in der Türkei viel Fürsorge. Hier hat man manchmal das Gefühl, die Alten stören, weil sie nicht mehr so schnell sind oder nicht mehr alles verstehen. Schade!
Aus Ihrer ersten Ehe haben Sie zwei Töchter. Seit bald 30 Jahren sind Sie mit Fernsehregisseurin Esther Della Pietra liiert. Was bedeutet Ihnen Familie?
Familie bedeutet mir viel, dazu gehören auch meine Ex-Frau mit Mann und Sohn und dessen Enkel. Damit Patchwork funktioniert, ist Respekt wichtig. Jeder muss an der Beziehung arbeiten, das gilt auch für Freundschaften. Beide Seiten müssen investieren. Ich finde es schön, zu sehen, wie meine erwachsenen Töchter älter werden, wie sie sich entwickeln. Als Vater ist es mir wichtig, dass sie zufrieden sind mit Partnerschaft, Gesundheit und Beruf. Wenn das stimmt, fühle ich mich entlastet.
Ihr Lebensmittelpunkt ist Zürich. Was macht die Stadt für Sie lebenswert?
Zürich ist die kleinste Grossstadt der Welt. Früher packte mich manchmal die Sehnsucht nach richtigen Grossstädten wie Berlin, wo das Leben rund um die Uhr pulsiert. Zürich ist überschaubar, irgendwann hat man es gesehen. Aber auch das hat Vorteile. Ich mag den See, die Natur; Zürich ist für mich ein idealer Ort zum Leben. Mal abgesehen von den teuren Preisen und hohen Mieten.
Am 5. April moderieren Sie die letzte Sendung. Werden Sie danach von der Bildfläche verschwinden?
Am Fernsehen sind keine weiteren Projekte geplant. Zudem gibt es beim SRF eine strikte Alters-Guillotine. Ich mache Platz für die Jüngeren. Mir ist klar, dass etwas Grösseres wie «Happy Day» nicht mehr kommen wird. Sollte es wieder Anfragen geben, werde ich sie mir anschauen. Aber es muss mich schon reizen, sonst lasse ich es.
Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch
Das Buch "Backstage - hinter den Kulissen von Happy Day" von Röbi Koller ist im Wörterseh-Verlag erschienen.www.woerterseh.ch
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