02.04.2025 10:45
Es begann mit einem Orang-Utan
Ohne die Tiergarten-Gesellschaft Zürich hätte es vielleicht nie einen Zoo auf dem Zürichberg gegeben. Die Organisation hat aber nicht nur den Tiergarten gegründet, sondern unterstützt ihn seit 100 Jahren. Zum Jubiläum blickt TGZ-Präsident Robert Zingg auf die Geschichte der Organisation zurück. - Von Sacha Beuth
Wenn morgen Donnerstag der Zoo Zürich wie üblich seine Pforten öffnet, dann dürfen sich die Besucher auf eine süsse Überraschung freuen. Sie erhalten ein «Spitzbuebguetzli» in Form eines Tukans. Der lateinamerikanische Vogel ist das Logo der Tiergarten-Gesellschaft Zürich TGZ, die an diesem Tag ihr 100-Jahr-Jubiläum feiert. Jene Organisation, ohne die es möglicherweise auf dem Zürichberg nie einen Zoo gegeben hätte. «Zwar gab es schon ab den 1880er Jahren Bestrebungen, in Zürich einen Tiergarten zu errichten. Doch diese verliefen alle im Sande. Selbst die Menagerie des bekannten Bildhauers Urs Eggenschwyler konnte sich nicht dauerhaft etablieren», erzählt TGZ-Präsident Robert Zingg. Erst der Anlauf einer Gruppe Tierbegeisterter um den Zoologen und späteren ersten Direktor des Zoo Zürich Hans Steiner sei schliesslich erfolgreich gewesen. «Nach einem Treffen im Februar 1925 wurde ein Komitee zusammengestellt, die Gründungsversammlung vorbereitet und dann am 3. April die TGZ gegründet mit dem Ziel, einen Zoologischen Garten in Zürich ins Leben zu rufen und zu leiten», erzählt Zingg. Das grösste Problem war damals, eine geeignete Fläche für den künftigen Tierpark zu finden. Areale beim See oder Nahe des Bucheggplatzes fielen bald wegen unvorteilhafter Zugänglichkeit oder anderen Mängeln aus den Traktanden. Das änderte sich, als der Besitzer der Liegenschaft «Säntisblick» das Grundstück anbot und dieses zusammen mit einer daneben liegende Parzelle erworben werden konnte. 1928 gründete die TGZ für die Errichtung und den Betrieb die Genossenschaft Zoologischer Garten Zürich (heute Zoo Zürich AG), sah sich aber weiterhin als Verein, «der die Förderung des Zoologischen Gartens Zürich durch Propaganda und Zuwendung von Geldmitteln und Naturalien bezweckt», wie in den Unterlagen jener Zeit zu lesen ist.
Geld und «Naturalien»
Ein Vorhaben, das noch vor der Eröffnung des Zoo Zürich 1929 in Form einer Zuwendung von 10 000 Franken für allgemeine Investitionen des Tiergartens in die Tat umgesetzt wurde. Als Beginn der Unterstützung des fortan laufenden Zoobetriebs ist jedoch eine «Naturalie» anzusehen. Mit einem namhaften Betrag der TGZ war es dem Zoo 1931 möglich, den Orang-Utan-Knaben «Rangho» zu kaufen, was eine Besonderheit darstellte, galten damals doch die asiatischen Menschenaffen als heikle Pfleglinge und waren entsprechend selten in Tiergärten zu sehen. Nach einem weiteren finanziellen Beitrag im Jahr 1932 (9 000 Franken) folgte 1933 die Finanzierung einer Anlage, die ausschliesslich den jüngeren Besuchern zu Gute kam: Ein Kinderspielplatz. 1934 gab es dann wieder ein tierisches Geschenk. Fünf Tukane, die wie erwähnt zum Symbol der Tiergarten-Gesellschaft Zürich erkoren wurden, zogen auf dem Zürichberg ein. Hervorzuheben ist aus jener Zeit zudem die Eröffnung der Waldvoliere, die es ermöglichte, Raubvögel auch im Flug zu beobachten.
Bei einer kleinen Tour durch den Zoo weist Zingg auf weitere Anlagen hin, die mit finanzieller Hilfe der TGZ erstellt wurden. Etwa die begehbare Voliere der Roten Ibisse. Oder die Hyänenanlage der Lewa-Savanne. Deren Bewohner zeigen sich an diesem Tag ausnahmsweise äusserst aktiv und posieren sogar mit Zingg für ein gemeinsames Foto.
Bis heute hat die TGZ den Zoo mit über 22,2 Millionen Franken unterstützt. Dass gewisse Gehege, die damit finanziert und vor Jahrzehnten erbaut wurden, inzwischen nicht mehr existieren, liegt auf der Hand. Doch schmerzt es nicht, wenn eine Anlage wie die Affeninsel des alten Pantanal bereits nach gut 12 Jahren wieder dem Erdboden gleich gemacht wird? «Auf der einen Seite schon. Andererseits ist der Zoo ein dynamisches Gebilde mit verschiedenen Aufgaben. Er ist vorab gebaut von Menschen für Menschen. Und deren Bedürfnisse und Wahrnehmung zu Tier und Natur ändern sich im Lauf der Zeit. Hinzu kommen neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu den gehaltenen Tierarten. Insofern muss man einen «Zoo-Lebensraum» schneller anpassen und kann einen Bau nicht mehr 20 oder 30 Jahre stehen lassen», erklärt Zingg, der vor seiner Amtsübernahme 2020 rund 26 Jahre als Kurator des Zoo Zürich tätig war.
Die Erfahrungen, Verbindungen und das Wissen aus dieser Zeit kommen Zingg bei seiner Arbeit als TGZ-Präsident sehr zu Gute. Denn neben der Vorbereitung zu Vorstandssitzungen, Vorträgen und diversen Events, der Mitarbeit am Zookalender und dem Einsitz in die Zoostiftung, gilt es Kontakt zu Tierpflegern und Zoovorstand zu halten und für Reisen der TGZ Führungen in anderen Zoos zu organisieren. Und bei den Mitgliedern die Affinität für den Zoo Aufrecht zu erhalten. «Das kann herausfordernd sein. Etwa wenn im Sinne des Artenmanagement die Tötung eines Tieres notwendig wird.»
Hinzu kommt die redaktionelle Mitarbeit am «Irbis», dem Magazin der TGZ. Benannt nach der indigenen Bezeichnung für den Schneeleoparden erscheint es mit Unterbrüchen seit 1984 und liefert Informationen zu neuen Tierarten und Anlagen, speziellen Zuchterfolgen sowie gelegentlich auch Forschungsprojekten und dem Engagements des Zoos im Natur- und Artenschutz.
Zusammenhänge erkennen
Letzteres ist Zingg besonders wichtig. «Der Zoo muss eine gesellschaftliche Basis haben. Darum braucht er nicht nur finanzielle, sondern auch ideelle Unterstützung.» Es gehe um das grosse Ganze. «Der Zoo kann zwar einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten, etwa mit Erhaltungszucht. Aber grundsätzlich ist es eine Aufgabe der Gesellschaft.» Alle müssten Ihr Scherflein dazu beitragen. «Eine Spende von 100 Franken für ein Tigerschutzprojekt in Indien ist sicher gut, aber noch wichtiger ist, vor der eigenen Haustüre zu kehren, also selber Massnahmen zum Natur- und Artenschutz zu ergreifen». So trägt die TGZ nicht nur zur Finanzierung von Anlagen bei, sondern unterstützt ebenso edukative Arbeiten des Zoo Zürich wie das Informationszentrum im Masoala Regenwald oder die Ausstellung Menschenaffen, die den Besuchern die Zusammenhänge bei der Bedrohung von Tier- und Pflanzenarten erklären und bewusst machen.
Insgesamt ist die TGZ erfolgreich unterwegs und die Liebe zum Zoo ungebrochen. Das zeigt sich auch an den Zahlen. Konnte die Organisation ein Jahr nach ihrer Gründung 2781 Mitglieder vorweisen, so betreut sie heute über 30 000. Eine Grösse, die in der Schweiz meist nur nationale Organisationen und Verbände erreichen. Wobei es Zingg nicht stören würden, wenn es künftig noch mehr sind.
Die TGZ lädt Interessierte am 3.4., 18.30 h, Restaurant Pantanal, ein zum Jubiläumsvortrag «Wie konnte die TGZ unterstützend wirken – was kann sie künftig fördern?». Anmeldungunter: tgz@zoo.ch