Die Dargebotene Hand im Einsatz. Stellenleiter Matthias Herren (kl. Bild). PD
29.04.2025 16:26
Psychische Probleme nehmen weiter zu
Die Dargebotene Hand 143.ch in der Stadt Zürich leistet emotionale Hilfe. Chat-Anfragen haben so stark zugenommen, dass sie bei weitem nicht alle beantwortet werden können. Einsamkeit sei ein verbreitetes Problem. - Von Ginger Hebel
«Die Grundbelastung steigt», sagt Matthias Herren, Stellenleiter der Dargebotenen Hand 143.ch in der Stadt Zürich. Sein Team aus Freiwilligen nimmt täglich im Schnitt 100 Anrufe entgegen. Von Menschen, die grosse Mühe haben, den Alltag zu bewältigen, unter psychischen Problemen leiden und dringend jemanden zum Reden brauchen. «Wir beobachten, dass die Gespräche länger und die Inhalte komplexer werden», so Matthias Herren. Viele Anrufende stehen unter hoher psychischer Belastung. Depressionen aber auch Angstzustände seien in der Region Zürich ein verbreitetes Problem. Regelmässig rufen der Dargebotenen Hand Personen an, die wiederkehrend unter Panikattacken leiden. «Angst macht sich körperlich bemerkbar. Betroffene leiden häufig unter Atemnot, was die Panik noch verstärkt», weiss Herren. Es sei nicht die Aufgabe der Dargebotenen Hand, Probleme zu lösen oder Medikamente zu verschreiben. «Wichtig ist es, zuzuhören, Ruhe zu bewahren, Gefühle zu spiegeln und Verständnis entgegenzubringen. Darüber reden hilft oft.»
Chat-Anfragen nehmen zu
Viele Anrufe kommen nachts, wenn die Sorgen noch grösser und Lösungen noch weiter entfernt erscheinen. Die Dargebotene Hand registrierte 31 243 Gespräche alleine in der Region Zürich. 33 141 Anrufe waren es letztes Jahr total. Die meisten Anrufenden sind Frauen. Landesweit stehen rund 700 geschulte freiwillige Mitarbeitende Menschen in Not per Telefon, Chat oder Mail als Gesprächspartner zur Verfügung. Anonym, vertraulich und kostenlos. Chat-Anfragen haben so stark zugenommen, dass die Zahl der Anfragen bei weitem nicht beantwortet werden kann. «Wir bedauern das sehr», sagt Herren. Der Grund liege darin, dass Chats mehr Zeit in Anspruch nehmen als Telefonate und dadurch weniger Anliegen beantwortet werden können. Am meisten wird das Angebot in der Region Zürich von Menschen zwischen 18 und 40 Jahren genutzt, die lieber über Gefühle schreiben als reden.
Es sei nicht der Weltschmerz, der am meisten zusetze, sondern mentale Belastung, das Gefühl, nicht zu genügen, Beziehungsprobleme und Existenzängste. Auch Einsamkeit spiele gerade in der Stadt Zürich eine zunehmende Rolle. «Es fehlen je länger je mehr Begegnungsorte, wo sich Menschen treffen und austauschen können wie Stammtische in Lokalen, wie man sie noch auf dem Land findet», sagt Herren. Auch die englische Helpline Heart2Heart, die ebenfalls von 143.ch betrieben wird, registriert eine Zunahme der Gespräche um 17 Prozent auf 1248 im Jahr. «Im Vergleich zur deutschen Linie rufen mehr Männer und jüngere Personen an, auch Suizid-Themen kommen doppelt so häufig zur Sprache», erzählt Matthias Herren. Die Dargebotene Hand stellt fest, dass die ausländische Bevölkerung in der Stadt Zürich noch mehr unter psychischer Belastung leidet. «Viele englischsprachige Anrufende haben keine oder zu wenige Gesprächsmöglichkeiten. Sie leiden unter schweren Belastungen.»
Weitere Informationen: www.143.ch143.ch