Wird es je Realität? Projekt «Ensemble» mit Wohntürmen, Wohnsiedlung und einer modernen Fussballarena. Bild: PD
19.06.2025 10:08
Stationen eines Stadiondramas
Noch immer warten die Fussballfans in Zürich auf Grünes Licht für die Umsetzung des Projekts «Ensemble» mit seiner modernen Arena. Viele dürften schon vergessen haben, wie alles seinen Anfang nahm. Das «Tagblatt» hat darum die wichtigsten Eckdaten zusammengefasst. Von Sacha Beuth
Eigentlich sollte auf dem Hardturm schon lange wieder Fussball gespielt werden. Eigentlich. Doch Abstimmungen und Rekurse verhinderten die Umsetzung einer neue Arena. Klar ist bislang, dass auf dem Hardturmareal unter dem Projektnamen «Ensemble» ein neues Stadion mit 18 000 Plätzen sowie zwei Wohntürmen und einer Genossenschaftssiedlung entstehen sollen (siehe Box). Und dass das neue Stadion wegen der Übernahme der CS durch die UBS nicht mehr «Credit Suisse Arena» heissen wird. Inzwischen hängt der Fall beim Verwaltungsgerich des Kantons Zürich. Ein Drama in 11 Akten:
1. Akt: Anfang 2003 gibt die Betreiberin des Hardturmstadions, die Stadion Zürich AG (eine Tochtergesellschaft der Credit Suisse), bekannt, dass sie die Arena durch einen Neubau mit 30 700 Sitzplätzen sowie einer Mantelnutzung mit Shopping-Mall, Hotel, Gastronomie, Fitnessangeboten sowie einem Bürohochhaus ersetzen will. Das neue Sta-dion war auch als Austragungsort der Euro 2008 vorgesehen. Die Stadt Zürich hätte hierzu einerseits 16 311 Quadratmeter Land an die Stadion Zürich AG verkaufen, andererseits rund 48 Millionen Franken zur Erstellung der Infrastruktur bei-steuern sollen.
2. Akt: Im September 2003 wird der Kredit dafür in einer städtischen Abstimmung vom Volk gutgeheissen. Allerdings erheben Anwohner und Umweltgruppen Einspruch gegen den geplanten Neubau (unter anderem wegen «Schattenwurf»). Es beginnt ein langjähriger Rechtsstreit. Die Zürcher Partien der Euro 2008 müssen darum im provisorisch aufgestockten Letzigrund stattfinden.
3. Akt: 2008 wird das alte Hardturmstadion abgerissen. Der Grasshopper Club muss seine Heimstätte in den Letzigrund verlegen und mit dem FCZ teilen.
4. Akt: An einer PK am 4. Juni 2009 gibt die Credit Suisse bekannt, dass sie sich vom Projekt zurückzieht. Die Stadt Zürich übernimmt und will ein kleineres, reines Fussballstadion mit rund 20 000 Plätzen bauen, derweil die Credit Suisse daneben zwei bis drei Hochhäuser für Gewerbe- und Wohnräume erstellen will.
5. Akt: Die Pläne werden jedoch obsolet, als die Stadt im Februar 2010 der Credit Suisse das ganze Grundstück abkauft und im Juli 2010 ein neues Projekt vorstellt: Eine Arena mit nur 16 000 Plätzen sowie in dessen direktem Umfeld 160 neue Wohnungen.
6. Akt: Erneut kommt es zu einer Volksabstimmung mit je einer Vorlage über den Objektkredit von 216 Millionen Franken zum Stadionbau und einem Objektkredit von 103 Millionen Franken zur Erstellung der Wohnsiedlung. Am 22. September 2013 sagt das Volk zwar ja zu den Wohnungen, lehnt aber das Stadion, das in der Saison 2017/18 hätte in Betrieb gehen sollen, knapp ab.
7. Akt: 2015 führt die Stadt einen Investorenwettbewerb durch mit dem Ziel, ein Stadion und Wohnungen zu realisieren. Das Projekt «Ensemble» entsteht.
8. Akt: Am 25. November 2019 folgt die dritte Volksabstimmung zum Stadionbau, welche die Gewährung von Baurechten zu einem reduzierten Zins, Kredite über etwas mehr als 50 Millionen Franken sowie die Übertragung von zwei Grundstücken ins Verwaltungsvermögen vorsieht. Umgesetzt werden soll die Arealbebauung von der HRS Investment AG, der Anlagestiftung der Credit Suisse und der Baugenossenschaft Zürich, die zusammen mit mehreren Architekturbüros das Projekt «Ensemble» eingereicht hatten. Der Plan sieht vor, das neue Stadion im Jahr 2022 zu eröffnen.
9. Akt: Doch erneut werden gegen das Projekt Rekurse erhoben. Die Befürchtung entsteht, die Fertigstellung des Stadions könnte sich damit bis 2028 verzögern.
10. Akt: Es werden Unterschriften für ein Referendum gesammelt, woraus am 27. September 2020 der vierte Urnengang resultiert. Und wieder sagt das Stimmvolk Ja zu einem neuen Fussballstadion. Doch Stimmrechtsbeschwerden verzögern das Projekt erneut.
11. Akt: Im Sommer 2022 lehnt das Bundesgericht die beiden noch hängigen Stimmrechtsbeschwerden ab. Ende August wird der Gestaltungsplan «Areal Hardturm-Stadion» durch den Kanton Zürich genehmigt. Im Anschluss wird er durch die Stadt Zürich im Rahmen des ordentlichen Genehmigungsverfahrens in Kraft gesetzt. Dagegen gehen zwei Rekurse ein. Beide werden erst-instanzlich abgewiesen, darauf aber ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weitergezogen. Eine Beschwerde wurde inwischen zurückgezogen. Das andere Verfahren ist seit rund 20 Monaten hängig. Bleibt ein weiterer Weiterzug bis vor Bundesgericht aus, kann das Projekt in die Bauphase überführt werden mit Einreichen des Baugesuches. Gegen dessen Erteilung kann noch einmal rekuriert werden. Bleiben Beschwerden aus beziehungsweise werden solche letztinstanzlich abgewiesen, kann mit dem Bau begonnen werden.
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"Ensemble" in Zahlen
Das künftige Zürcher Fussballstadion, Projektname «Ensemble», soll bei seiner Fertigstellung 18 000 Steh- und Sitzplätze umfassen. Zum Projekt gehört eine Genossenschaftssiedlung mit 174 Wohnungen und zwei Hochhäuser mit 570 Wohnungen sowie 680 Garagenplätzen. Genutzt wird eine 55 000 Quadratmeter grosse Fläche auf dem Hardturmareal. Für den Bau des Stadions sind 105,2 Mio. Franken veranschlagt (www.projekt-ensemble.ch). Es ist Teil des dreiteiligen Gesamtprojektes Ensemble, das von privater Seite finanziert wird. Weil die Stadt Zürich Grundeigentümerin ist, erhält sie einen jährlichen Baurechtszins von 1,2 Mio. Franken für das Fussballstadion. SB