04.11.2025 15:43
Sichtbar sicherer unterwegs
Die Nächte sind wieder länger geworden. Viele Verkehrsteilnehmende sind in der Dämmerung und Dunkelheit unterwegs. Das erhöht die Unfallgefahr. Wie man diese reduziert, erklärt ein Ratgeber, welchen das «Tagblatt» zusammen mit Christoph Jöhr von der BFU erarbeitet hat. - Von Sacha Beuth
Im Herbst und Winter wird es früher dunkel, das Wetter ist oft trüb und die Sicht schlechter. In dieser Jahreszeit passieren besonders viele Unfälle, weil Fussgängerinnen und Fussgänger sowie Velofahrende zu spät gesehen werden. Dieses Risiko lässt sich allerdings mit geeigneten Massnahmen deutlich reduzieren. Wie, weiss Christoph Jöhr, Leiter Abteilung Verkehrsverhalten bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU.
Wie kleidet man sich bei difusen Lichtverhältnissen als Fussgängerin oder Fussgänger, damit man von den anderen Verkehrsteilnehmern gut wahrgenommen wird?
Christoph Jöhr: Am besten trägt man helle oder leuchtende Kleidung und reflektierende Accessoires – etwa Arm- oder Fussbänder. Reflektierende Materialien können den Unterschied machen, ob man früh genug erkannt wird oder nicht.
Auf was ist bei der Wahl der Schutzbekleitung zu achten?
Hier wäre wichtig, leuchtende oder reflektierende Kleidung zu wählen, die die Bewegungsfreiheit nicht einschränken. Da gibt es aber viele leichte Leuchtwesten und nicht-einschränkende Reflektorenbänder, die sich prima mit jeder Garderobe kombinieren lassen.
Sind Taschenlampen und leuchtende Handys von Vorteil oder sind sie kontraproduktiv, weil die Gefahr besteht, dass andere Verkehrsteilnehmer geblendet werden?
Hierzu hat die BFU konkret keine Forschungsergebnisse. Tendenziell ist jedes Licht besser als kein Licht. Wir empfehlen aber, die üblicherweise im Strassenverkehr gängigen Leuchtmittel zu verwenden, da diese sich leichter identifizieren und zuordnen lassen, und so die Reaktionsfähigkeit der anderen Verkehrsteilnehmenden erhöhen.
Welche zusätzlichen Massnahmen müssen Zweiradfahrende treffen?
Velos und E-Bikes brauchen funktionierende Lichter vorne und hinten sowie Reflektoren vorne, hinten und an den Pedalen. Bei schlechter Sicht sollte das Licht immer eingeschaltet sein, idealerweise schon am Tag. Für E-Bikes gilt seit 2022 auch tagsüber eine Lichtpflicht. Auch hier erhöht helle oder reflektierende Kleidung, zum Beispiel eine Leuchtweste oder reflektierende Handschuhe, die Sicherheit deutlich. Speichenreflektoren oder seitlich reflektierende Pneus machen zudem die Zweiradfahrenden von der Seite sichtbar.
Welche besonderen Anforderungen gibt es in dieser Beziehung für die Autofahrenden?
Autofahrende müssen stets mit Licht fahren – auch tagsüber. Die BFU empfiehlt immer das Abblendlicht einzuschalten, damit das Auto sowohl vorne als auch von hinten gut beleuchtet ist. Zudem sind saubere und funktionierende Scheinwerfer wichtig und eine umsichtige Fahrweise, wenn es dunkel ist oder die Sicht trüber ist, etwa bei Starkregen. Auch eine saubere Windschutzscheibe mit funktionstüchtigen Scheibenwischblättern erhöht die Sichtbarkeit. Zudem wissen viele Verkehrsteilnehmende nicht um die menschlichen Wahrnehmungsgrenzen und überschätzen diese leicht. Eine defensive Fahrweise ist bei schlechter Sicht ungemein wichtig. Eine regelmässige Überprüfung des eigenen Sehvermögens ist dabei ebenso wichtig.
Wann muss/darf man das Nebellicht und wann das Fernlicht am Fahrzeug einschalten?
Nebel- oder Nebelschlusslichter dürfen nur bei erheblicher Sichtbehinderung durch Nebel, Schneetreiben oder starken Regen verwendet werden Das Fernlicht darf eingesetzt werden ausserorts beziehungsweise auf Autobahnen, darf aber nicht verwendet werden, wenn entgegenkommende Fahrzeuge geblendet werden könnten oder beim Kreuzen.
Tragen Zufussgehende oder Velofahrerinnen und Velofahrer bei einem Unfall mit Autofahrenden eine Mitschuld, wenn diese nicht angepasst bekleidet waren?
Darauf gibt es keine generelle Antwort. Die Schuldfrage wird jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unter anderem durch die Gerichte beurteilt und auch von Versicherungen geprüft.
Soll man auch Hunde mit Leuchtbekleidung ausrüsten? Und falls ja: Wie?
Es gibt keine gesetzliche Pflicht, Hunde im Dunkeln mit reflektierender Ausrüstung auszustatten. Dennoch empfehlen wir, Hunde bei Dunkelheit sichtbar zu machen, um sowohl den Hund selbst als auch andere Verkehrsteilnehmende zu schützen. Dazu eignen sich reflektierende Hundewesten, Leucht-Halsbänder oder Leinen mit integrierten LED-Streifen.
Wie stark reduziert sich das Unfallrisiko bei entsprechender Leuchtbekleidung beziehungsweise korrekt eingeschaltetem Fahrzeuglicht?
Wer dunkel gekleidet ist, wird bei Dämmerung, schlechter Sicht oder in der Nacht leicht übersehen. Mit heller Kleidung wird man 2-Mal früher und mit Reflektoren sogar 4-mal früher gesehen. Das kann entscheidend sein, um rechtzeitig reagieren zu können.