Manfred Odermatt und Seraina Faes, Experten für Viszeralchirurgie, arbeiten mit modernster Technologie. Bild: SZT
30.10.2024 12:16
Mit Hightech und Empathie
TUMORMEDIZIN Chirurgie ist ein Schlüsselelement in der Behandlung von Krebserkrankungen im Verdauungstrakt. Seraina Faes und Manfred Odermatt, Viszeralchirurgen am Stadtspital Zürich Triemli, geben Auskunft. - Von Isabella Seemann
Tumore im Verdauungstrakt, die in der Speiseröhre, im Magen oder Darm entstehen können, haben etwas gemeinsam: Sie entwickeln sich oft schleichend und bleiben lange symptomlos. Daher werden sie häufig erst in fortgeschrittenem Stadium entdeckt, was die Behandlung erschwert. Die Wahl der Therapie ist dann entscheidend. Viszeralchirurgie (von lat. viscera = Eingeweide) ist hier ein zentrales Fachgebiet. Anlässlich des Tumortags am 30. November im Stadtspital Zürich Triemli geben PD Dr. Dr. med. Seraina Faes und Dr. med. Manfred Odermatt, Leitende Ärzte der Klinik für Viszeralchirurgie am Stadtspital Zürich Triemli, einen Überblick.
Wie häufig kommen viszerale Tumore vor, und welches sind die Risikofaktoren?
Seraina Faes: Viszeraltumore können gutartig oder bösartig sein, bei Letzteren spricht man von Krebs oder Karzinom. Dickdarmkrebs zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen weltweit. Risikoerhöhend wirken genetische Faktoren, ungesunde, fettreiche und faserarme Ernährung, rotes Fleisch, Rauchen, Alkohol, geringe körperliche Aktivität und Übergewicht, sowie das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Die Häufigkeit und Behandlung viszeraler Tumore variieren je nach betroffenem Organ.
Inwieweit kann Vorsorge und Früherkennung bei viszeralen Tumoren die Heilungschancen verbessern?
Manfred Odermatt: Vorsorge ist die effizienteste Therapie, denn Früherkennung von Krebs-Vorstufen oder Tumoren im Frühstadium, die entfernt werden können, bevor sie bösartig werden, respektive bevor sie gefährliche Ableger bilden, verbessern die Heilungschancen erheblich. Die Darmspiegelung ist eine zentrale Vorsorgeuntersuchung des Dickdarmkrebses, die ab dem 50. Lebensjahr empfohlen wird und bei Krebsfällen in der Familie schon früher erfolgen sollte. Auch Bluttests und Stuhluntersuchungen können helfen, Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen. Einige Tumore, wie der Bauchspeicheldrüsenkrebs, sind zwar selten, entwickeln sich jedoch oft sehr schnell und sind daher schwer, früh zu diagnostizieren.
Welche Symptome könnten erste Hinweise auf einen viszeralen Tumor sein?
Faes: Häufige unspezifische Symptome sind Bauchschmerzen, Verdauungsprobleme, Appetitlosigkeit und ungewollter Gewichtsverlust. Blut im Stuhl kann ebenfalls ein Alarmsignal sein. Bei anhaltenden Beschwerden ist es wichtig, einen Arzt aufzusuchen.
Was geschieht nach der Diagnose Krebs an einem Organ des Verdauungstrakts?
Faes: Die Diagnose Krebs wird überprüft und bestätigt und dessen Stadium genau bestimmt und danach in einer Tumorkonferenz besprochen. Dabei kommen Fachärzte verschiedener Disziplinen wie Onkologie, Chirurgie, Gastroenterologie, Radiologie, Pathologie (Gewebsspezialisten) und Strahlentherapie zusammen, um gemeinsam den optimalen Behandlungsplan für den Patienten zu erarbeiten.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei viszeralen Tumoren?
Odermatt: Die Behandlung variiert stark je nach Tumorart und -stadium. Eine Operation ist oft die erste Wahl, wenn der Tumor lokal begrenzt ist und vollständig entfernt werden kann. Chemotherapie und Strahlentherapie sind sinnvoll, wenn Tumore inoperabel oder bereits metastasiert sind. Beide Verfahren können auch zur Reduktion eines Tumors vor einer Operation genutzt werden. In manchen Fällen ist auch eine Immuntherapie eine Option.
Wie hat sich die chirurgische Behandlung von viszeralen Tumoren in den letzten Jahren verändert?
Odermatt: Dank hochauflösender CT- und MRT-Bildgebung, die die exakte Lage und Grösse des Tumors erfasst, und dem Einsatz des «da Vinci»-Roboters sind minimalinvasive Eingriffe mit höchster Präzision möglich. Das Operationssystem unterstützt die Chirurgen mit einer stark vergrösserten 3D-Sicht und einer äusserst präzisen Steuerung. Dies ist besonders wichtig für komplexe Eingriffe in schwer zugänglichen Körperregionen wie beispielsweise im kleinen Becken. Beim da Vinci-System schont die hohe Präzision das gesunde Gewebe, was die Funktion der betroffenen Organe besser erhalten kann.
Welche Rolle spielt die Nachsorge nach einer Operation?
Faes: Die Nachsorge ist entscheidend, um mögliche Rückfälle frühzeitig zu erkennen. Besonders in den ersten Jahren nach der Therapie wird engmaschig kontrolliert, danach in grösseren Abständen.
Welche Bedeutung hat die Kommunikation zwischen Patient und Arzt bei der Mitteilung und Bewältigung einer Krebsdiagnose?
Odermatt: Transparente Kommunikation spielt eine zentrale Rolle, da sie die Grundlage für ein vertrauensvolles Verhältnis schafft. Sie ermöglicht es den Patienten, ihre Krankheit und die vorgeschlagenen Behandlungsschritte besser zu verstehen, während der Arzt gezielt auf individuelle Fragen eingehen kann.
Faes: Empathie im Gespräch hilft dem Patienten, sich mit seinen Ängsten und Sorgen ernst genommen zu fühlen. Dies fördert nicht nur das Wohlbefinden des Patienten, sondern trägt auch dazu bei, dass er sich an seiner eigenen Heilung beteiligen kann.
Stadtspital Zürich Triemli
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Birmensdorferstrasse 497
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