Auf Rettungsmission
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um bedrohte Lemuren. - Von Severin Dressen
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um bedrohte Lemuren. - Von Severin Dressen
Der Makira-Naturpark, der Masoala-Nationalpark und der MarojejyNationalpark bilden zusammen das grösste zusammenhängende, intakte Regenwaldgebiet Madagaskars. Gelegen im Nordosten der Insel, beherbergt es mehr als 50 Prozent der Artenvielfalt Madagaskars und ist von unschätzbarem Wert. Seit bald 30 Jahren engagiert sich der Zoo Zürich auf unterschiedliche Art und Weise für den Schutz dieses einzigartigen Ökosystems.
Eine Besonderheit der Region ist auch die ungewöhnlich hohe Dichte an Lemuren. Nirgendwo sonst auf der Insel finden sich so viele verschiedene Arten wie hier. 17 sind es insgesamt – unter ihnen auch der Rote Vari und der Seiden-Sifaki. Beide sind vom Aussterben bedroht und beide leben ausschliesslich hier. Um den Bestand der Lemuren langfristig zu schützen und zu sichern, braucht es genaue Kenntnisse über deren Population und ihre Entwicklung. Die letzte umfangreiche Bestandsaufnahme stammt von 2015. Schon damals konnte ein deutlicher Rückgang der Population beobachtet werden. Gründe dafür – damals wie heute – sind vor allem der Verlust von Lebensraum durch Brandrodung, aber auch die Jagd. Das Fleisch der Lemuren ist eine willkommene Proteinquelle. Zwar werden nur wenige Tiere erbeutet, aber die Population ist klein und die Reproduktionsrate gering. Jedes Tier weniger hat einen spürbaren Einfluss.
Für aktuelle Zahlen hat der Zoo Zürich in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Freunde Masoalas und dem WCS Madagaskar diesen Sommer nun ein neues Monitoring-Projekt ins Leben gerufen. Die vier grössten Lemuren-Arten wurden als Zielarten ausgewählt und deren Vorkommen, Verbreitung und Lebensweise in den kommenden fünf Jahren intensiv erfasst und erforscht. Unter ihnen sind auch der Rote Vari und der Seiden-Sifaki. Auch gilt es herauszufinden, wie gut sich die Lemuren an veränderte Bedingungen und die zunehmende Nähe zum Menschen anpassen können.
Insbesondere der Seiden-Sifaki pflegt eine Lebensweise, die auf ein grosses Territorium angewiesen ist. Seine Hauptnahrung besteht aus Blättern und Früchten, die über das ganze Jahr verteilt zu jeweils anderen Jahreszeiten an unterschiedlichen Orten im Territorium verfügbar sind. Fällt nun durch Brandrodung ein Teil des Territoriums weg, fallen auch die Früchte, die dort wachsen, weg. Für eine gewisse Zeitspanne hat der Seiden-Sifaki also keine Nahrung. Einfach ein neues Gebiet suchen, in dem die Früchte ebenfalls wachsen, ist oft nicht möglich, da durch die starke Begrenzung des Lebensraums meist alle geeigneten Gebiete bereits von anderen Seiden-Sifaki-Familien besetzt sind. In der Natur hängt alles mit allem zusammen. Drehen wir an einer Stellschraube, kann das das ganze System zum Wanken bringen. Der Seiden-Sifaki ist hierfür ein gutes Beispiel. Glücklicherweise ist die Natur aber auch in der Lage, zu adaptieren. Wie gut und wie schnell, variiert. Für die Lemuren-Populationen Madagaskars könnte dies künftig eine das Überleben sichernde Frage sein.
Weitere Infos: www.zoo.ch
Lade Fotos..