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Album

Allein unter Leuten

Von: Lorena Sauter

18. Juli 2016

Diverse Lifestyleportale bombardieren mich mit Listen im Stil von «Dinge, die man tun muss, bevor man 30 wird». Meist steht Müll drin. Was ich allerdings wirklich noch nie getan habe, ist, abends allein auszugehen. Müsse entspannend sein, sagen die. Ungezwungen, befreiend und so. Am Tag mag das ja stimmen. Aber abends? Der Horror! Da bin ich ein Weichei. Fühl mich so unwohl wie ein Elefant ohne seine Herde. Bin überzeugt, die anderen denken, meine Familie hätte mich verstossen oder ich steckte in der tiefsten Lebenskrise. Nun gut, ich gab mir einen Ruck und wagte den Selbstversuch. An einem Mittwochabend in meinem Lieblingskafi im Kreis 3. Logo war ich nervös. Gott sei Dank, konnte ich mich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich an meinem Rotwein festklammern. Die Ernüchterung kam aber schnell. Ein Blick in die Runde zeigte: Nebst Zweier- und Dreiergruppen waren da ja noch drei Typen allein – mit Laptop. Das ist Beschiss! Ich nämlich hatte weder Lesestoff noch elektronische Geräte dabei. Soll ja eine wahre Challenge sein. So sass ich eine knappe Stunde da, beobachtete Menschen, hörte ihrem lauten Gerede zu, schüttete Wein in mich rein – und langweilte mich zu Tode. Das komische Gefühl verschwand zwar zunehmend, und ich fühlte mich entgegen allen Erwartungen nicht beobachtet. Befreiend oder erholsam wars jedoch nicht. Sondern fad. Immerhin fühlte ich mich beim Verlassen des Lokals ein wenig stolz – und kann auf meiner persönlichen Liste etwas abhaken.

Lorena Sauter (31) ist Journalistin bei «20 Minuten» und vertritt während der Ferien Rita Angelone.

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