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Alte Väter

Von: Jan Strobel, Redaktor

15. August 2017

Klartext

Als ich geboren wurde, war mein Vater 53. Sein Alter war natürlich immer ein Thema, umso mehr, als meine Mutter 25 Jahre jünger war als er. Trotzdem irritiert es mich bis heute, wenn ich in den Medien die immer wieder aufflackernde Diskussion um «alte Väter» mitverfolge. «Ältere Väter sind ängstlicher», heisst es da. Oder: «Alte Väter sind schlecht für das Kinderhirn.» Mögen die Studien noch so valide sein: Für mich waren und sind solche Befunde absoluter Mumpitz, mitunter geradezu belustigend.

Denn tatsächlich bin ich ungeheuer dankbar für meinen «alten Vater», der mir zeit seines Lebens gar nie «alt» erschien. Besonders im Vergleich zu manch anderen Vätern, die seine Söhne hätten sein können. Sie wirkten manchmal viel älter, verbrauchter als er. Mein Vater brachte auch das in mein Leben, was man Erfahrung nennt, eine Gelassenheit, geformt durch die Zeit und ihre Verwerfungen. Oft erzählte er, Jahrgang 1927, von seinen Kriegserlebnissen in Deutschland, von Verlust und Terror, von seinen humorvollen Strategien, die Angst auszuhalten. Von seiner Liebe zum Jazz, die er heimlich ausleben musste. Von durchtanzten Nächten bei Kerzenlicht. Seine Geschichten prägten mich als Kind. Und zeigten mir auf, wie reich ein Leben sein kann, wenn man gelassen auf die Zeit vertraut.

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Leserkommentare

Urs Ulrich - Ich bin achtundsechtzig heute, und meine Tochter zweiundzwanzig und wir geniessen Augenhöhe im Erfahrungsazstausch. Und sie erkennt, dass auch mit achtundsechtzig noch lange noch nicht Schluss ist!

Vor 6 Jahren 7 Monaten  · 
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