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Album

Angina in Zürich

Von: Maja Zivadinovic

06. Februar 2015

Ich versinke im Selbstmitleid. Nicht genug, dass wir vor ein paar Tagen im kalten Zürich gelandet sind, nein, ich hab Angina. Teilweise über 39 Grad Fieber. Muss Antibiotikum schlucken. Huste wie blöd. Kann nicht schlafen. Darf das Bett aber nicht verlassen. Habe also viel Zeit. Lasse also meine Gedanken Karussell fahren und Revue passieren.

Rund fünf Wochen verbrachte ich quasi mehr oder weniger 24 Stunden mit meinem Freund. Wir erlebten zusammen wundervolle, aber auch sehr mühsame Momente. Wer länger als drei Monate zusammen ist, weiss: Der Partner kann schrecklich nerven. Hie und da so sehr, dass er dich innert kürzester Zeit an den Rand des Wahnsinns treibt. An gewissen Tagen ist das Risiko, das es zum Streit kommt, dann noch grösser als an anderen.

An Silvester zum Beispiel chlöpfts und tätschts bei so manchen Paaren. Ist uns auch passiert. Kurz vor Mitternacht. Statt eines Kusses gabs zum Jahreswechsel böse Worte. Wegen Nonsens. Wir litten beide unter Jetlag, waren müde und gereizt. Ein Augendreher meinerseits brachte ihn zum Ausflippen. Seine Reaktion mich. Und so weiter und so fort. Wir versöhnten uns kurz vor Sonnenaufgang und lachten über uns selber. Es folgten zwölf Tage schon fast kitschige Harmonie. Am 13. Tag wollte ich meinen Freund dann wieder auf den Mond schiessen. Er ist unpünktlich. Ich nicht. Er lebt in den Tag hinein. Ich plane. Ich musste jedenfalls mal wieder auf ihn warten – und der Inlandflug auf uns. Meinen Ausraster kommentierte er mit den Worten «Jetzt nimms mal ächli easy». Hat meine Wut nur noch grösser gemacht. Ich mutierte kurzfristig zur Zicke. Er nahms gelassen. So wie er fast alles gelassen angeht. Was ich grundsätzlich schätze. Zumal ich explosiv bin. Wir gerieten während unserer Reise vielleicht noch weitere zwei, drei harmlose Male aneinander. All die anderen 24-Stunden-Tage hatten wir Spass, lachten, spielten Luftgitarre, unternahmen auch mal was alleine, vergassen die Zeit, gaben uns gegenseitig das Gefühl des Daheimseins, badeten nachts im Meer, kauften uns schräge Sachen, freuten uns über all die skurrilen Dinge und leisteten uns viel zu teure Hotels.

Bitte entschuldigen Sie die Kitschnudel in mir. Es ist das Fieber. Und die tiefe Überzeugung, dass man, egal wie schwierig und nervig eine Beziehung hie und da ist, nicht sofort aufgeben soll. Spätestens wenn man nämlich krank ist, merkt man, dass keine Hühnersuppe so gut tut wie die des Menschen, der uns nicht nur am meisten nervt, sondern der uns eben auch am nächsten steht.

Klatschkolumnistin Maja Zivadinovic ist Redaktorin bei Tilllate und «20 Minuten».

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