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Album

Begegnung mit Ötzi

Von: Rita Angelone

31. Oktober 2018

Die Angelones

Was haben wir gestaunt, als wir in den Herbstferien mit den Jungs das Ötzi-Museum in Bozen besucht haben! Ötzi – also seine mumifizierte Leiche – war da und wir konnten ihn mit eigenen Augen sehen. Der Anblick ist uns eingefahren. Doch, was uns weit mehr beeindruckt hat, sind die unglaublichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Ötzi vor 5000 Jahren besessen bzw. beherrscht hat. Die Fundgegenstände, die mit Ötzi zum Vorschein gekommen sind, zeugen davon, dass er nicht nur schneiden, schnitzen, bohren, jagen oder Feuer machen konnte, sondern dass er auch ein guter Schneider und Schuhmacher war und sogar Kenntnisse über Heilpflanzen hatte. Ötzi war nicht nur hervorragend ausgerüstet, sondern auch intelligenzmässig so parat, dass er mit seinen 46 Jahren für seine Zeit überdurchschnittlich lange leben – oder besser gesagt: überleben konnte. Denn der geniale Alleskönner lebte unter einem enormen Dauerstress: Jeder Fehltritt, jede Unüberlegtheit, jede Unachtsamkeit hätte ihm jeden Moment das Leben (noch viel früher) gekostet. Höchster Respekt also vor seinem Können. Doch ein solcher Lebensinhalt? Ein bisschen traurig, fanden wir.

Wie gut wir es doch heute im Vergleich zu Ötzi haben! Wir müssen uns vor nichts fürchten, um nichts sorgen. Und wenn die Digitalisierung – wie am letztwöchigen Digitalday dargestellt – so weiter voran schreitet, müssen wir bald auch nicht mehr arbeiten. Überhaupt müssen wir in Zukunft nichts tun und nichts können. Weil für alles wird es einen Roboter geben. Die Digitalisierung wird uns aus dem grauenhaften Ötzi-Dauerstress ins glückselig machende Musseparadies hieven. Statt zu arbeiten oder wie Ötzi ums nackte Überleben zu kämpfen, geben wir uns dann der totalen Selbstverwirklichung hin.

Nur: Was genau machen wir dann? Ich vermute, uns gottserbärmlich langweilen, langsam durchdrehen und jämmerlich zu Grunde gehen – ein mindestens so trauriger Lebensinhalt wie Ötzi.

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