mobile Navigation

Album

Der woke Karl May

Von: Sacha Beuth

06. September 2022

Was in Zürich die Inschriften mit dem Wort «Mohr» sind, ist in unserem nördlichen Nachbarland aktuell «Winnetou» und dessen Erfinder Karl May. Ursache ist der Entscheid des Ravensburger Verlags, zwei Jugendbücher zum Filmstart «Der junge Häuptling Winnetou» zurückzuziehen. Das löste in den deutschen Medien heftige Diskussionen aus, ob und inwieweit die genannte Winnetou-Fortschreibung, insbesondere aber generell die Geschichten von Karl May, nun rassistisch-kolonialistisch sind. Die ARD übte sich schon mal in vorauseilender Überkorrektheit und kündigte an, künftig keine der allseits beliebten «Winnetou»-­Filme zu senden.

Dabei ist die Diskussion eigentlich gar nicht nötig. Auch wenn gewisse Ansichten und Äusserungen Mays in seinen Werken heute als rassistisch beziehungsweise kolonialistisch einzustufen sind (was aber mehrheitlich den gesellschaftlichen Umständen geschuldet ist, in der die Romane entstanden), war May kein Rassist. Das hätten die zumeist selbsternannten Woke-Regelhüter merken können, hätten sie die Winnetou-­Bände einmal gründlich gelesen. Darin prangert der Autor vielmehr die Ungerechtigkeiten der Weissen gegenüber den Indianern an. Auch ist es nicht ein Europäer, sondern ein Apache, den er zum Edelmenschen (und Vorbild vieler weisser Kinder) stilisiert. Insgesamt war er damit seiner Zeit wohl eher voraus und schon «woke», als dies noch kein Modewort war.

zurück zu Album

Artikel bewerten

Gefällt mir 1 ·  
3.5 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare