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Album

Gedanken bei einem Herrgöttli

Von: Jan Strobel, Redaktor

30. Januar 2018

Die Klartext-Kolumne.

Neulich am Tresen einer Kneipe. Die Gespräche drehten sich um Trump, No Billag und Velofahrer. Das Übliche eben. Bis einer, der bisher still an seinem Herrgöttli genippt hatte, einen Satz ins Glas murmelte, der mich nachdenklich stimmte. «Die Konservativen von heute sind die Progressiven von gestern.» Irgendwie hatte das was. Denn die hier am Tresen sassen, sahen sich selbst als fortschrittlich, urban, ökologisch und digital. Schälte man die Worthülsen weg, kam aber tatsächlich ein konservativer Kern zum Vorschein. Sie misstrauten globalisierten Unternehmen und Social Media, sie kauften nur möglichst regionale Produkte im Sinne von «Switzerland First» und verteidigten über-emotional, plötzlich zu sonst so verpönten Patrioten geworden, Schweizer Institutionen wie zum Beispiel die SRG. Sie fanden, die moralischen Standards von Politikern oder Journalisten seien früher höher gewesen als heute, sie blickten misstrauisch auf Fortschritt und Wachstum. Aus ihnen sprach Ängstlichkeit und die Sehnsucht, sich ins eigene Gärtli zurückzuziehen. Dabei hatten viele meiner Trinkgenossen in den 1980er-, 1990er- oder den Nullerjahren noch progressiv für ein dynamisches Zürich gekämpft und waren die Ersten gewesen, die sich digital vernetzten. Irgendwie hatte sich da beim Herrgöttli etwas verschoben.

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