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Album

Gnade dir Gott, wenn "er" kommt

Von: Rita Angelone

09. Februar 2016

Gehören Sie zu denjenigen, die genau wissen, dass alle Jahre am ersten Mittwochnachmittag des Februars ein Sirenentest gemacht wird? Oder eher zu denjenigen, die es zwar nie so genau wissen, denen es aber auch egal ist, weil jeder Sirenenalarm in der Schweiz sowieso nur ein Probealarm sein kann? Ich gehöre zu der Sorte, die zwar sehr wohl von den Tests weiss, aber trotzdem jedes Mal so Schiss bekommt, als wäre es ein echter Alarm.

Diese Angst sitzt bei mir seit Kindsbeinen so tief, dass beim fürchterlichen Geheul – insbesondere des Wasseralarms – mein Gehirn und mein Körper verrückt spielen. Schuld daran sind die unheilverkündenden Aussagen, die wir damals als Kind aufgeschnappt haben und nicht richtig einordnen konnten. Ständig hörten wir Glarner Kinder: «Jechtersgott, wänn dr Linth-Limmerä chunnt oder dr Garichti, dä versuufemer z Schwandä alli gottserbärmlich, wämmer nüt sofort id Höchi seggled!»

Dieses Reden in der dritten Person, diese Angst vor dem Wasser, das wie ein Feind ins Glarnerland einmarschieren könnte, lässt mich heute noch jeden Staudamm fürchten und hassen. Was wir genau zu tun hätten, wo hinauf wir secklen sollten und wie sich der Wasseralarm vom allgemeinen Alarm unterscheidet, das sagte uns niemand so richtig.

Ich bin froh, wird offensichtlich bei unseren Kindern nicht dieselbe Panikmache betrieben. Weshalb sonst haben sie letzten Mittwoch kaum mit der Wimper gezuckt und nur lapidar gefragt, was der ganze Lärm soll? Doch: Wieso wissen sie grad gar nichts davon? Wischt man das Thema heute ganz unter den Teppich? Immerhin kann hier in Zürich ja jederzeit der Sihlsee kommen, oder?

Rita Angelone (47) hat zwei Kinder (9 und 7) und schreibt über den Wahnsinn ihres Familienalltags.

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