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Album

Heldin des Tages

Von: Sacha Beuth

17. Mai 2022

Es passierte am letzten Dienstag gegen 8.45 Uhr im 3er-Tram auf der Fahrt Richtung Albisrieden. Ich war beim Hauptbahnhof zugestiegen und verschanzte mich wie üblich hinter einer Zeitung, um ein Sudoku zu lösen. Was rundherum geschah, interessierte mich nicht.

Und so entging mir anfangs auch, dass eine geschätzt 50-jährige Frau mit kurzen, dunkelblonden Haaren still auf ihrem Sitz vor sich hinweinte. Einer etwas jüngeren, dunkelhaarigen Passagierin war dies jedoch aufgefallen. Sie wendete sich an die weinende Frau, holte Taschentücher hervor, fragte, was los sei und ob sie helfen könne. Das ganze Gespräch war im Strassenlärm zwar nicht zu verstehen, offenbar war die weinende Frau aber so verzweifelt, dass sie Suizidgedanken in sich trug. Die dunkelhaarige Passagierin beschwor die Frau eindringlich, davon abzusehen und sich psychologische Hilfe zu suchen. Dann erzählte sie, dass auch sie selbst schon weinend im Tram gesessen sei. Dass sie auch schon schwere Schicksalsschläge hatte hinnehmen müssen. Dass aber das Leben trotzdem schön sei.

Sichtlich gefasster verliess die dunkelblonde Frau an der nächsten Station das Tram. Und ich hatte mit der dunkelhaarigen Passagierin meine Heldin des Tages. Sie erinnerte mich daran, dass wir alle aufmerksamer sein und wieder mehr auf unsere Mitmenschen eingehen sollten.

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