Sibylle Ambs ist selbständige Texterin und Journalistin.

Ich bin dann mal weg

Sibylle surft

Letzte Woche ging mal kurz die Welt unter, haben Sie es bemerkt? Ich schon und ich gebs zu, für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, ich geh mit ihr unter. Kein Insta? Kein Facebook?? Und – Oh MEIN GOTT – kein Whatsapp? Ich fing an, wild auf meinem Handy rumzuknöpfeln, sämtliche möglichen Einstellungen zu prüfen, ja, ich kroch sogar unter mein Wohnzimmermöbel, um die Internet-Verbindung zu prüfen! Kurz überlegte ich sogar, sämtliche Apps neu zu installieren oder gar die Polizei oder Feuerwehr anzurufen.

Doch dann hielt ich für eine Sekun- de inne – ok, ich wurde zum Inne- halten gezwungen. Mein Kater forderte seine Streicheleinheiten ein. Und plötzlich ging es mir durch den Kopf: Wenn ICH nicht surfen kann, können es alle anderen auch nicht. Heisst: Von mindestens der Hälfte meiner Kunden höre ich jetzt erst mal gar nichts mehr. Heisst weiter, ich könnte ja jetzt theoretisch für die nächsten vielen Stunden einfach hier auf dem Sofa sitzen bleiben, meinen Kater würds freuen und mich eigentlich auch. Wie sich später herausstellte, dauerte der ganze Zauber an die sechs Stunden und betraf sozusagen die ganze Welt. Sechs Stunden Sendepause, sechs Stunden keine neuen Verschwörungstheorien, keine unterirdischen Kommentare, keine Glitzer-Glamourbilder aus der Promi- und Fake-Promi-Welt. Sechs Stunden keine Werbung für weisse Turnschuhe und niemand, der uns sagt, wie hoch wir springen, wie weit wir rennen und wie gesund wir essen müssen.

Gut eigentlich, oder? So in der Retrospektive klingt es tatsächlich nach sechs Stunden, die wohl ganz in Ordnung waren. Vielleicht nicht ganz so gut für jene, die irgendwo vergebens auf ihr Date gewartet haben, das ja eigentlich schon drei Mal per Whatsapp den Termin verschoben oder gänzlich gecancelt hat. Aber für mich (und für meinen Kater) war es schlussendlich die so viel auf Instagram gepriesene ME-TIME: #ichbindannmalweg #freeyourmind #achtsamkeit.

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