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Album

Kleine Kriminelle überall

Von: Linda Solanki

25. August 2020

Ich bin ein leichtes Opfer. Laut einer Statistik verlieren wir alle drei Jahre unser Handy. Ich komme gar nie so weit, mir wird es vorher gestohlen. In den letzten sechs Monaten sogar zweimal – aber 2020 ist ja auch ein besonders zickiges Jahr. Im Verlaufe meines Lebens wurde ich schon so oft beklaut, dass ich nicht mehr an Pech glauben kann. Der Fall ist klar: Es liegt an mir. Als ich letztes Jahr nach der Entwendung meines Portemonnaies auf der Schweizer Botschaft in Paris eine neue ID beantragte, machte man mich darauf aufmerksam, dass mein Identitätskartenverschleiss besorgniserregend sei. Es ist nicht so, dass ich achtlos mit meinen Sachen umgehe. Aber manchmal bin ich so fest in etwas vertieft, dass ich meine Umwelt vergesse. Wenn ich schreibe zum Beispiel. Oder wenn ich angetrunken bin. So auch vor ein paar Tagen, als ich während des Matchs Paris – Leipzig kurz die Bar verliess, um mich in Ruhe über Whatsapp mit meinem Freund zu streiten.

Ich setzte mich auf eine Treppe abseits der Menschenmasse, hörte Musik, sog die warme Abendluft ein, tippte zwischendurch fuchsteufelswild auf dem Handy herum und genoss die Magie des – abgesehen vom kleinen Beziehungsknatsch – perfekten Moments, bis ich aus den Augenwinkeln einen höchstens dreizehnjährigen Jungen auf mich zukommen sah. Instinktiv zog ich meine Tasche an mich, vergass dabei aber das Handy, das sich in der einen Sekunde noch in meiner, in der nächsten aber bereits schon in der Hand des diebischen Kindes befand. Bevor ich begriff, was geschehen war, war der Bengel schon über alle Berge. Ich hoffe wirklich, dass ich wenigstens die restliche Zeit bis Ende Jahr diebstahlfrei überstehe. Aber bei meinem Glück werde ich wahrscheinlich demnächst auch noch von einem Baby überfallen.

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