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Null Verständnis für Gehbehinderte

Von: Rita Angelone

26. September 2017

Letzen Mittwoch habe ich mich über den Beitrag über die für Gehbehinderte unzumutbare Haltestelle am Central «gefreut», und ich danke Stine Wetzel, dass sie dieses wichtige Thema aufgenommen hat. Der Artikel hat mich natürlich alles andere als gefreut, sondern sehr traurig gestimmt und mich genau um ein Jahr zurückversetzt, als mein bis dahin noch so rüstiger und tanzfreudiger Vater von einem Tag auf den anderen kaum mehr laufen konnte und wir die Stadt mit ihm plötzlich aus einer hindernisreichen und bisweilen auch demütigenden Perspektive kennen lernen mussten. Denken wir an Gehbehinderte, so sehen wir Menschen in Rollstühlen oder an Rollatoren. Doch es gibt auch andere Gehbehinderte. Solche, denen man es nicht auf den ersten Blick ansieht, die aber zum Beispiel vor Schmerzen kaum laufen können, und wenn sie es doch tun, tun müssen, dies nur ganz langsam können. Und das erträgt unsere Stadt, unsere Gesellschaft nicht.

Denn wenn ich solche Beiträge lese und an unsere gemachten Erfahrungen im letzten Jahr zurück­denke, so erkenne ich unendlich traurig, wie wenig Platz auf unseren Strassen, in unserer Gesellschaft, in unserem Alltagsleben übrig geblieben ist für Menschen, die einfach nicht oder nicht mehr in der Lage sind, unser sinnlos hohes Tempo einzuschlagen. Es sind auch nicht nur die Haltestellen, die ein Problem für Gehbehinderte darstellen, sondern auch ultraschnell geschaltete Ampeln, die es einem langsamen Menschen nie und nimmer erlauben, bei Grün über die Strasse zu gehen. Das Schlimmste am Ganzen sind aber nicht diese städtebaulichen «Verfehlungen». Das Schlimmste und Traurigste sind in solchen Augenblicken der Behinderung all die Menschen, die stressen, die rempeln, hupen oder gar fuchteln und fluchen. Die vielen Menschen, die kein Verständnis aufbringen für etwas, was jeden von uns früher oder später auf irgendeine Weise ereilen wird.

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Leserkommentare

Carla Durighello De Stefano - Meine Worte... auch heute "begleite" ich die etwas längsämeren über d n fussgängerstreifen, noch stark in Erinnerung mit welcher Angst mein Vater schnell sein wollte, um nicht angefahren zu werden, nicht angepöbelt, nicht anzuecken. Und mir
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Vor 6 Jahren 6 Monaten  · 
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Rita Angelone - Liebe Carla, nur, wer das direkt miterlebt, kann nachvollziehen, wie schlimm das alles ist. Ich kenne die Gefühle, die du beschreibst, alle auch. Danke für deinen Kommentar und auch für dein Mitgefühl und deine Freundschaft. Rita

Vor 6 Jahren 6 Monaten  · 
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