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Album

Wo seid ihr?

Von: Stine Wetzel

04. Dezember 2018

In welchem Film bin ich hier eigentlich? Diese Frage stelle ich mir immer wieder. Etwa wenn der Flug ausfällt und alle zum Schalter stürmen, um für die nächste Maschine einen der letzten Plätze zu ergattern. Da ist sich jeder selbst am nächsten. Da wird gerempelt, böse geguckt, sich beschimpft. Oder wenn man hinter jeder Ecke den Konkurrenzkampf wittert. Das fängt schon am Sandkastenrand an: dieses «Was kann deins?»- und «Meins ist ja so talentiert»-Gerede. Oder wenn wir so tun, als wären wir unbeteiligt, wenn jemand in unserer Mitte eine verbale Ohrfeige kassiert. Rücksichtnahme und Füreinander-Einstehen sind kein gängiger Reflex, sondern die Ausnahme.

Wo ist sie hin, die Solidarität? Es scheint einfacher, mit Dreck zu werfen, als zu applaudieren. Ein toxisches Klima, das wir da kreieren, wenn einem die Ellenbogen näher sind als die Umarmung. Der Nährboden für die fehlende Solidarität ist die Angst: Die Angst, selbst unter die Räder zu geraten, wenn man aufs Unrecht zeigt, selbst nicht genug abzubekommen, wenn man sich nicht mit Vehemenz durchsetzt, selbst abgewertet zu werden, wenn man es nicht – zumindest auf diffuse Weise – mit den anderen tut. Es müssen ja nicht alle gleich zu Helden der Nachbarschaft werden – aber wenigstens nicht zu Feiglingen.

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