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Gut zu wissen

«Auf dem vordersten Freiberger sitzt Rekrut Schlauch. Ich will ihm zuwinken, aber mein Arm bleibt unten.» Bild: Amy Bollag

Das wahre Gesicht des Rekruten Schlauch

Von: Amy Bollag

26. Mai 2015

Zeitskizzen: Der Zürcher Amy Bollag erinnert sich an eine Militärübung, die nicht von Kameradschaft gezeichnet war.

1944: Wir haben als einzige Abteilung in der Armee 10,5-cm-Haubitzen, die von sechs Pferden gezogen werden. Die von Pferden gezogene Artillerie hat sonst nur 7,5-cm-Kanonen. Heute soll scharf geschossen werden. Ausnahmsweise muss ich nicht vor dem Geschütz reiten, ich bekomme eine Spezialauf­gabe: Mit dem Schiessoffizier muss ich ins Zielgebiet reiten, um die Krokis zu zeichnen.

Um 4 Uhr früh geht es los, ich beeile mich mit der Arbeit, und alle Krokis werden zur Zufriedenheit des Offiziers fertig.  Alles ist nun für das Schiessen vorbereitet. Es ist schon 6  Uhr früh und bald hell genug, um die Übung zu beginnen. Am Rande des Weges lege ich mich auf ein Wiesenbord, während der Oberleutnant in ein nahe gelegenes Bauernhaus geht. Es ist so ruhig, dass ich das ferne Trappeln der vielen Pferdehufe hören kann. Ich setze mich auf und erwarte die Abteilung. Das erste Geschütz mit den sechs Pferden taucht auf, wobei jeweils auf dem linken Pferd ein Reiter sitzt. Auf dem vordersten Freiberger – die meisten Geschützpferde gehören zu dieser Rasse – sitzt Rekrut Schlauch. Ich will ihm zuwinken, aber mein Arm bleibt unten, denn er ruft mir vom Sattel aus zu: «Jetzt sieht man, wo die faulen Hebräer rumhocken!» Und dies, obwohl er fast zwei Stunden länger schlafen konnte.

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