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Gut zu wissen

Die Blamage nimmt ihren Anfang: Präsentation der vermeintlichen Hitler-Tagebücher an einer Pressekonferenz am 28. April 1983. Bild: PD

Der falsche Hitler und ein Zürcher Wissenschaftler

Von: Jan Strobel

30. April 2013

Vor 30 Jahren sorgte die Affäre um die gefälschten Hitler-Tagebücher für Wirbel. Auch ein Zürcher Kriminalwissenschaftler liess sich täuschen.

Am 28. April 1983 verkündeten Chefredaktion und Verlagsleitung des Magazins «Stern» die Sensation: Die Hitler-Tagebücher seien gefunden. Die Weltgeschichte, schien es, musste jetzt unweigerlich umgeschrieben werden. Denn immerhin erhielt der Leser nun einen ungeschminkten Einblick nicht nur in das Hirn, sondern in noch viel delikatere Gebiete des «Gröfaz», des «Grössten Feldherrn aller Zeiten»: «Morgens um 6 Uhr gründliche Untersuchung. Mache den Ärzten grosse Vorwürfe, weil meine Schmerzen immer grösser werden. Nun habe ich schon Schmerzen im Gedärm.»

Doch am 6. Mai 1983 platzte die Bombe: Die Tagebücher stammten nicht aus der Feder Hitlers, sondern waren das Werk des Fälschers Konrad Kujau, der schon länger sammelwütige Altnazis mit vermeintlichen NS-Devotionalien beliefert hatte.

Mit dem Coup der Tagebücher führte er nicht nur die Medien hinters Licht, sondern auch ausgewiesene Experten wie etwa den Zürcher Kriminalwissenschaftler Max Frei-Sulzer. Ein Jahr zuvor war er vom «Stern» beauftragt worden, Auszüge aus den Tagebüchern mit anderen Hitler-Handschriften zu vergleichen. In Zürich kam der Schriftexperte zu einem für die Journalisten hoch erfreulichen Schluss: Verfasser der Tagebücher, so Frei-Sulzer, sei zweifelsfrei Adolf Hitler gewesen. Der amerikanische Wissenschaftler Ordway Hilton kam zum selben Resultat. Was die beiden allerdings nicht ahnten: Auch die ihnen vorgelegten Vergleichsschriftstücke waren Fälschungen. Ihr Verfasser: Konrad Kujau. Der meinte später: «Wenn man die grossen Experten mal richtig aufs Kreuz legen kann, das macht wirklich die beste Freude.»

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