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Gut zu wissen

Der Kommunist Ignazio Silone soll für Mussolinis Polizei gearbeitet haben. Bild: PD

Ein nicht ganz lupenreiner Sozialist

Von: Jan Strobel

27. April 2011

Der Kommunist Ignazio Silone operierte von Zürich aus und arbeitete als Spion für die Faschisten.

Ignazio Silone – sein Lebenslauf bietet alles, was es für einen sozialistischen Freiheitskämpfer braucht. Geboren 1900, verlor er bei einem Erdbeben in den Abruzzen fast seine ganze Familie. Als Jugendlicher beteiligte er sich an den Kämpfen der Landarbeiter, und hier hatte er gewissermassen sein Erweckungserlebnis – der junge Mann entdeckte den Sozialismus. Silone ging darauf nach Rom, wo er 1921 an der Gründung der Kommunistischen Partei beteiligt war. Doch die Machtübernahme von Mussolinis Faschisten bereits ein Jahr später zwang ihn in den Untergrund und schliesslich, 1930, ins Schweizer Exil.

Der Kämpfer wählte sich Zürich als Basis. Hier verkehrte er in linken intellektuellen Kreisen, schrieb Bücher und engagierte sich in der Cooperativa italiana, dem Zentrum des antifaschistischen Widerstandes.

Doch so lupenrein rot, wie sich Silone selber gern darstellte, war er nicht. Das enthüllte unlängst eine Biografie, die in Italien mit Entrüstung quittiert wurde. Der ungeheuerliche Verdacht des Historikers Dario Biocca: Der grosse Antifaschist soll über Jahre hinweg als Spion für Mussolinis Polizei gearbeitet haben. Bereits 1919, noch als junger Revolutionär, war Silone ein Freund des Römer Polizeiinspektors Guido Bellone gewesen. Diesem lieferte er, auch noch von Zürich aus, Berichte über «Genossen» und die Geschicke der Kommunisten im Exil.

Es bleibt ein Rätsel, weshalb Silone dieses Spiel plötzlich mit einem Abschiedsbrief an den Polizeiinspektor beendete und sich auch von der Kommunistischen Partei lossagte. Er arbeitete weiter als Schriftsteller und kehrte 1944 ins nunmehr befreite Italien zurück.

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