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Gut zu wissen

1860 errichteten die Zürcher Siedler die reformierte Kirche von Zürichtal. Heute ist das Gebäude ein russisch-orthodoxes Gotteshaus. Bild: PD

Eine Zürcher Kolonie in Russland

Von: Jan Strobel

03. März 2010

Zürcher Auswanderer gründeten ihre Siedlung nicht in Amerika, sondern in Russland.

Die Familien aus Seebach wollten endlich alles hinter sich lassen. Die Armut, den Dreck, die Verzweiflung und die Unfreiheit. Nichts konnte sie aufhalten, auch nicht das Mandat der Zürcher Regierung, mit dem sie den Exodus ihrer Untertanen «nach Carolina, Pennsylvania und Georgia und anderen englischen Pflanzstätten in America» stoppen wollte. Aber wer redete schon von Amerika. Das gelobte Land hiess für die Seebacher Russland. Unter Zarin Katharina der Grossen (1729-1796) war das Reich dermassen gewachsen, dass neue Siedler angeworben werden mussten. Besonders die fruchtbare Halbinsel Krim am Schwarzen Meer war für eine Ansiedlung ideal. Zar Alexander I. begann deshalb kräftig um Kolonisten zu werben und fand bei der verarmten Zürcher Landbevölkerung Gehör.

1805 trafen die Seebacher Familien zusammen mit rund 50 anderen aus dem Knonauer Amt auf der Krim ein. Viele Kinder waren während der Reise an der Pockenkrankheit gestorben.

Ihre Siedlung nannten die Kolonisten «Zürichtal». Der Ort wuchs. Weizenanbau, Viehzucht, Obst- und Weinbau brachten tatsächlich Erfolg. 1848 zählte Zürichtal bereits 74 Hofstellen mit je 44 Hektar Land. Russische Knechte und Mägde arbeiteten für die Zürcher, zu denen mit den Jahren auch viele süddeutsche Einwanderer stiessen. In den 1920er-Jahren lebten hier schliesslich 700 Menschen.

Das Ende für Zürichtal kam mit dem Zweiten Weltkrieg. 1941 liess Stalin die Bewohner nach Kasachstan deportieren. Der Name verschwand von der Landkarte. Heute heisst der Ort Solote Pole, «Goldfeld»

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