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Gut zu wissen

Christiane Felscherinow: Die heute 51-Jährige erlanngte durch das Buch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" und dessen Verfilmung traurige Berühmtheit. Bild: christiane-f.com

"Für mich war dort oben kein Platz"

Von: Jan Strobel

14. Dezember 2011

In Zürich sollte Christiane F. in die Kulturszene eingeführt werden.

Die Geschichte der Christiane F. ist die eines grandiosen Scheiterns. Seit über 30 Jahren wachsen die Schüler mit der Geschichte des Mädchens vom Berliner Bahnhof Zoo auf, deren Leben zwischen Babystrich und Heroin zu verglühen drohte. Mit dem Erfolg des Buches «Wir Kinder vom Bahnhof Zoo», das 1979 erschien, wurde Christiane Felscherinow, wie sie richtig heisst, zum Vorzeigejunkie, zur Heldin, welche die Drogen besiegt hatte.

Auch die Kinder der Zürcher Verlegerfamilie Keel hatten das Buch mit Begeisterung gelesen. Anna Keel beschloss deshalb 1983, Christiane F. nach Zürich einzuladen. Der Junkie, vermeintlich geläutert, sollte in das Establishment eingeführt werden, immerhin zählten zu den Freunden des Verlegerpaares Federico Fellini oder Friedrich Dürrenmatt.

Anna Keel ging daran, für ihren Schützling eine Karriere auf der Bühne oder im Musikgeschäft anzustossen. Christiane F. allerdings behagte die Zürcher Wohltätigkeit keineswegs. «Für mich war dort oben kein Platz. Ich war ihre Vorzeigepuppe, aber mehr als Small Talk wollte keiner. Sobald ich auf jemanden zuging und Nähe suchte, spürte ich nur noch Barrieren.»

Nachts stieg sie deshalb heimlich aus dem Fenster, um sich am Hauptbahnhof mit Heroin zu versorgen. Die Keels blieben ahnungslos. Schliesslich türmte ihr Schützling - nach Griechenland. Zwei Jahre später kehrt Christiane F. wieder nach Berlin zurück. Mehrmals versuchte sie, von den Drogen endgültig wegzukommen. 2008 nahm das Jugendamt ihren Sohn in Obhut. Heute lebt sie zurückgezogen in Berlin und befindet sich im Methadonprogramm.

Aktualisierter Nachtrag: Seit 10. Oktober 2013 ist Christiane F.s Autobiografie "Mein zweites Leben" unter ihrem vollen Namen Felscherinow im Handel erhältlich. Darin spricht sie über die Zeit nach dem Ruhm als drogensüchtiges Kind.

Christiane V. Felscherinow und Sonja Vukovic: "Mein zweites Leben. Autobiografie", Deutscher Levante Verlag. 336 Seiten.

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