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Gut zu wissen

1948 eröffnete das erste Mövenpick im Claridenhof an der Dreikönigsstrasse. Bild: PD

Hummer und Lachs für alle

Von: Isabella Seemann

16. August 2016

Gastronomie: Eine kleine Geschichte in drei Teilen. Heute: Ueli Pragers Gastro-Revolution.

Nach den Entbehrungen der Kriegsjahre dürsten die Zürcher nach Opulenz. Der moderne, liberal-demokratische American Way of Life hält in der Gastronomie Einzug. Auswärtsessen wird zum für jeden erschwinglichen Erlebnis. Am 19. Juli 1948 eröffnet der Zürcher Gastro-Pionier Ueli Prager das erste Mövenpick im Claridenhof an der Dreikönigsstrasse 21, mit einer «Essbar mit Premiumcharakter». «Zürichs modernste Gaststätte» ist auch europaweit die erste ihrer Art. Die bislang sakrosankten Essenszeiten sind gelockert. Auf den farbigen und bebilderten Speisekarten werden fremdländische Speisen wie Eisbergsalat mit Thousand-Island-Dressing, Scampi-Cocktail auf Avocados oder Beefsteak-Tatar als «Schleckerei» und «Lieblingsschmaus» angepriesen. An Hummer, Austern und Lachs, einstigen Privilegien der Oberschicht, können sich nun auch Herr und Frau Schweizer gütlich tun. Sie staunen über Papiersets, Chromstahlbesteck und orangefarbene Plastikgiraffen im Fruchtsaft.

Ab den 1950er-Jahren nimmt im zwinglianischen Zürich die Mediterranisierung des öffentlichen Raums ihren Anfang: Erste Restaurants setzen ihre Gäste buchstäblich auf die Strasse und servieren Bier und Kaffee an Tischchen auf öffentlichem Boden. Im Jahr 1950 wirbt das Frascati am See noch mit dem Zusatz «das einzige Boulevard-Café Zürichs». 1956 folgt mutig Hotelier C. E. Manz mit dem ersten Strassencafé an der Bahnhofstrasse im Hotel St. Gotthard – obwohl ihm sein Vater vehement abgeraten hatte. Ganz alte Schule glaubte dieser noch: «Jedermann kann sehen, dass der dort sitzt, nicht arbeitet, nichts zu tun hat. Diesem Eindruck wird sich niemand aussetzen wollen.»

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