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Gut zu wissen

Spiegelgasse 14: Eine Tafel an der Vorderfront des Hauses erinnert an den berühmten Bewohner. Bild: PD

Mit Schoggi auf den Zürichberg

Von: Isabella Seemann

04. März 2016

Vor 100 Jahren bezog Lenin ein stinkendes Hinterzimmer an der Spiegelgasse.

Wladimir Iljitsch Uljanow kommt am 5. September 1914 als papierloser Flüchtling in Begleitung seiner Gattin Nadeschda Krupskaja mit dem Zug in Buchs SG an. In Bern, wo er eine «Toleranzbewilligung» erhält, versucht er unter dem Decknamen Lenin vergeblich die behäbigen Berner «Sozialpazifisten» auf seine radikale Seite zu ziehen. Im Februar 1916 siedelt das Paar nach Zürich um, wo es zuerst im «Milieu» unterkommt und schliesslich bei der Arbeiterfamilie Kammerer für 24 Franken im Monat zwei Zimmer an der Spiegelgasse 14 im 2. Stock mietet. Da es im «Hinterhof fürchterlich roch, weil sich dort eine Wurstfabrik befand», wie Nadeschda in ihren Memoiren schrieb, öffnen sie ihre Fenster nur nachts und verbringen viel Zeit ausser Haus. Lenin arbeitet in der Zentralbibliothek an seinen theoretischen Schriften oder liest im Pestalozzi-Lesesaal in Oberstrass sozialistische Blätter, während seine Frau als Sekretärin bei der Emigrantenkasse Geld verdient. «Wenn Iljitsch aus der Bibliothek nach Hause ging, kaufte er zwei kleine Tafeln Nussschokolade zu 15 Rappen das Stück, nachmittags nahmen wir dann unsere Bücher und die Schokolade und gingen auf den Zürichberg.» Lenin wird Mitglied der SP Zürich, deren Versammlungen er eifrig besucht. Mit seiner politischen Agitation hat er aber auch hier wenig Erfolg, obwohl «die Schweiz das revolutionärste Land der Welt» sei, denn jeder Bürger habe Waffe und Munition zu Hause. Am 15. März 1917 erfährt er aus der NZZ, der Zar habe abgedankt. Am Ostermontag, den 9. April, besammeln sich 16 Leute im Café Zähringerhof. Um 15.20 Uhr fährt ihr Zug am HB in Richtung St. Petersburg. Dort setzt sich Lenin im Oktober an die Spitze der Russischen Revolution und führt die Sowjetunion bis zu seinem Tod 1924.

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