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Gut zu wissen

Selbstbildnis von Leonardo da Vinci um 1512. (Bild: Wikimedia Commons)

Nimmersatter Forscher mit Gespür für Schönheit

Von: Gabrielle Boller / Higgs.ch

30. April 2019

Vor 500 Jahren ist der virtuose Geist von Leonardo da Vinci erloschen. Die Werke des Forschers und Künstlers indessen leben weiter. Was bedeuten sie heute noch für die Wissenschaft?

Leonardo da Vinci (1452–1519) ist am 2. Mai vor 500 Jahren gestorben. Klar, wird der idealtypische Universalgelehrte der Renaissance gefeiert! Es bleibt aber die Frage, ob man ihn heute hauptsächlich als Künstler oder eher als Wissenschaftler ehren soll. Sagen wir es mal so: Gerade weil er in beiden Gebieten virtuos unterwegs war, werden heute noch neckische Kürzel für Discovery-Missionen wie Davinci (Deep Atmosphere Venus Investigation of Noble gases, Chemistry, and Imaging), wissenschaftliche Institute wie das Leonardo-da-Vinci-Zentrum für Bionik der TU München oder das Da-Vinci-roboterassistierte Chirurgiesystem nach ihm, dem unermüdlichen Natur­beobachter, benannt. Das Beste an Leonardo dürfte sein in allen Bereichen wilder, assoziativer, nach neuen Lösungen suchender Geist gewesen sein – ganz zu fassen ist er aber bis heute nicht.

Pazifist mit Kriegsgeräten

So ist es eigentlich auch egal, dass man beim Nachbau von da Vincis spektakulärsten Erfindungen wie dem Panzer, der wie eine Art Schildkröte aussieht, dem spitz zulaufenden Fallschirm, dem Automobil, dem Tauchanzug mit Schnorchel oder dem wirklich mit einer gigantischen Himmelsschraube versehenen Helikopter merken musste, dass sie gar nicht funktionieren. Ob nun kalkuliert, weil, wie man vermutet, Leonardo als Pazifist kein Kriegsgerät auf Bestellung herstellen wollte, aus Urheberschutz, damit ihm niemand seine Erfindungen stehlen konnte, oder schlicht aufgrund von falschen Berechnungen, ist nicht restlos geklärt.

Denn nicht Fragen der praktischen Umsetzung haben Leonardos Neugier auf allen Gebieten – von der Kartografie über die Ingenieurskunst bis zur präzisen Studie der Anatomie – primär angetrieben, sondern sein Interesse an zeichnerisch-technischer Genauigkeit und ästhetischen Problemlösungen. Als Beispiel mag seine berühmte Darstellung des vitruvianischen Menschen stehen, jene aus der Überlieferung des antiken Architekten Vitruv bekannte geometrische Beschreibung einer menschlichen Masseinheit, die dank Leonardos Zeichnung bis heute populär ist. Sie erschien in so vielfältigen Formen, wie etwa lange Jahre als Signet bei Manpower oder als Vorlage im Zeichenunterricht.

Kunst der Verbindung

Leonardo da Vinci ist nimmersatter Forscher und dabei begnadeter Visualisierer zahlreicher eigener und fremder Ideen – auch sein berühmtestes Werk, die Mona Lisa, verdankt ihre geheimnisvolle Wolkigkeit schliesslich dem unermüdlichen Pröbeln Leonardos mit neuen Techniken des Farbauftrags. Das wichtigste Vermächtnis da Vincis ist nicht an einzelnen Erfindungen festzumachen, sondern vielmehr an seiner Methode, die Möglichkeiten der einen Disziplin, der Kunst, mit den Erkenntnissen der anderen, der Wissenschaft, überraschend und fantasievoll zu verbinden. Und damit utopische Ideen in eine Welt zu bringen, die sich heute eher in Dystopien zu verlieren droht und den frischen, unverfrorenen Forscherdrang eines Leonardo da Vinci dringend gebrauchen kann.

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