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Interview

Warnt trotz starkem Franken vor Aktionismus: Milan Prenosil. Bild: PD

«Abwarten, aber die Kosten im Griff behalten»

Von: Sacha Beuth

06. Februar 2015

Milan Prenosil (52), Präsident der City-Vereinigung und Verwaltungsratspräsident der Confiserie Sprüngli, spricht über die neusten Umsatzzahlen, die Eurokrise und die Mieten an der Bahnhofstrasse.

Milan Prenosil, nun sind die neusten Zahlen des Weihnachtsgeschäfts 2014 der City-Vereinigung bekannt. Wie lautet Ihr Resumée?

Milan Prenosil: Wir sind sehr zufrieden, konnten wir doch trotz schwierigem Umfeld ein Umsatzwachstum zwischen 1 bis 3,5 Prozent erzielen.

Und wie verlief das Jahr 2014 insgesamt?

Der Geschäftsgang hatte Schwung. Wir sind auch hinsichtlich Volumen gewachsen. Genaue Zahlen liegen mir zwar nicht vor, da die Umsatzzahlen von den wenigsten der City-Vereiniung-Unternehmen nach aussen kommuniziert werden. Aus Gesprächen mit Verantwortlichen kann ich sagen, dass sie mehrheitlich im tieferen einstelligen Prozentbereich liegen.

Welche Branchen waren besonders erfolgreich und welche haben am meisten Einbussen erlitten?

Sehr schwer zu beurteilen. Es gab in allen Branchen Sieger und Verlierer. Generell kann man sagen, dass sich der Bereich Food positiv entwickelte, ebenso die Bereiche Elektronik, zum Teil auch Uhren und Schmuck. Dagegen hat die Textilbranche gelitten.

Wie stark hat sich der Rubelzerfall und damit die Kauflust der russischen Zürich-Besucher ausgewirkt?

Die Russen haben eindeutig gefehlt, insbesondere der Mittelstand, was vor allem die Hotelerie, die Gastronomie und die Bijouteriegeschäfte zu spüren bekamen. Die schwerreichen Russen blieben uns zwar mehrheitlich treu, konnten den Ausfall aber nicht kompensieren.

Sind Besucher anderer Nationen für die Russen in die Bresche gesprungen?

Leider nein. Viele haben auf den chinesischen Markt gehofft, doch dieser stagniert, wenn auch auf hohem Niveau. Seit den Anti-Korruptionskampagnen der ihrer Regierung kaufen chinesische Touristen viel zurückhaltender ein, weil sie wissen, dass sie bei der Einreise vermehrt kontrolliert werden. Der schon letztes Jahr starke Franken hat ebenfalls seine Spuren hinterlassen.

Was ist mit der inländischen Kundschaft?

In dieser Beziehung machte sich der gestiegene Online-Einkauf in der Schweiz negativ bemerkbar. Und natürlich der Einkaufstourismus, namentlich nach Deutschland. 2014 haben Herr und Frau Schweizer für 10 Milliarden Franken Artikel im Ausland erworben. Weitere Probleme bereitete und bereitet uns der Strukturwandel von Finanzinstituten, die immer mehr Arbeitsplätzen aus der City in die städtische Peripherie verlegen.

Trotz tiefer Hypozinsen steigen die Mietzinsen für die Geschäfte in der Zürcher Innenstadt, insbesondere an der Bahnhofstrasse, ständig. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

Zürich ist international gesehen zwar eine kleine, aber doch globale Stadt. Sie ist ein wichtiger Finanzplatz, die Bewohner weisen einen hohen Bildungsstand und eine hohe Kaufkraft auf. Dadurch zieht Zürich internationale Grossfirmen und hochqualifizierte Personen an. Das wiederum führt dazu, dass sich Weltmarken in der Stadt niederlassen, welche nach wie vor sehr hohe bis horrend hohe Mietzinsen an städtischen Toplagen bezahlen. Der Wandel wird durch hohe Schlüsselgelder noch beschleunigt. Ich sehe darum zwar mit einiger Besorgnis auf die Entwicklung, bin aber grundsätzlich der Meinung, dass man den Markt spielen und die Dinge durch ihn regeln lassen sollte.

Wegen der Miete liegen sich Swiss Life und Manor in den Haaren. Das Warenhaus kann oder will die geforderten 19 Millionen Franken Jahreszins nicht zahlen. Welche Auswirkungen hätte ein Wegzug Manors für die Bahnhofstrasse?

Das ist ein laufendes Verfahren, zu dem ich mich nicht äussern möchte. Was ich sagen kann ist einzig: Ich hoffe, dass die Parteien eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung finden.

Immer weniger Warenhäuser und Traditionsgeschäfte, dafür Einheitsbrei mit internationalen Grossmarken – was tut die City-Vereinigung, um dieser Entwicklung zu stoppen?

Wir suchen wenn immer möglich das Gespräch mit den Vermietern. Aber wir können und wollen uns nicht übermässig einmischen. Schliesslich leben wir in einer freien Marktwirtschaft. «Handel bedeutet Wandel», das war so und wird immer so sein. Auch unsere Kinder kennen die Bahnhofstrasse nicht mehr so, wie wir sie als Kinder gekannt haben.

Neben den genannten Sorgenkindern ist nun mit der Aufhebung des Euromindestkurses ein weiteres hinzu gekommen. Wie sehr macht Ihnen dieser Umstand zu schaffen?

Wir haben grossen Respekt davor. Hoteliere und Gastronomie haben die Aufhebung sofort zu spüren bekommen, aber auch bei anderen Branchen macht sie sich nun bemerkbar. Trotzdem sollte man nun nicht in Aktionismus verfallen, sondern erst einmal abwarten, zugleich aber natürlich die Kosten im Griff behalten. Die Betriebe kommen nicht umhin, ihre Budgets zu kürzen. Dabei sollte man jedoch vorläufig von Lohnkürzungen absehen – ausser vielleicht bei den Boni der oberen Kader. Schlussendlich haben eben diese variablen Lohnbestandteile eine Pufferfunktion. Andererseits halte ich es auch für völlig falsch, von Unternehmen, die  ausschliesslich im Inland produzieren, Preisreduktionen zu fordern.

Was erwarten Sie von 2015? Werden die Umsätze insgesamt steigen oder geht es bergab?

Die Entwicklung sehe ich eher stagnativ bis rückläufig. Gewisse KMUs können die Zitrone nicht weiter auspressen, auch wenn sie ihre Aufgaben gemacht haben. Einige Unternehmen werden ins Ausland ziehen, der Einkaufstourismus wird sich verstärken. Das wird dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit steigt, was sich dann wiederum auf das Konsumverhalten auswirken wird. Nun gilt es Lösungen zu finden, um diesem Teufelskreis zu entrinnen. Hier werden die Unternehmen aber auch Branchenverbände und Sozialpartner gefordert werden. Es kommen definitiv schwierigere Zeiten auf uns zu und wir alle werden näher zusammenrücken und bescheidener werden müssen, denn Wohlstand muss verdient werden.

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