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Interview

Bild: Anne Bürgisser

«Als Schriftstellerin lebe ich meinen Traum»

Von: Janine Grünenwald

06. Mai 2015

INDISKRETES INTERVIEW Die Autorin Michèle Minelli verrät, warum die Nachbarskinder früher behaupteten, sie existiere gar nicht und welche Gespräche sie langweilen.

Tagblatt der Stadt Zürich: Wo ist Zürich am schönsten, wo am hässlichsten?

Michèle Minelli: An den Rändern. Mir gefällt Zürich überall dort am besten, wo es ausfranst in die Natur, in ein Industriegebiet, eine Randzone. Hässlich finde ich es eigentlich nirgends, nur anstrengend in der Innenstadt.

GC oder FCZ?

Mein Grossonkel, Severino Minelli, spielte bei GC, nahm als Nati-Spieler an 80 Länderspielen teil und gewann als Captain mit seiner Mannschaft an der WM 1938 damals gegen Grossdeutschland 4:2. Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre ich für GC.

Wo werden Sie am liebsten berührt, wo am wenigsten gern?

Ich finde es schön, wenn sich Hände halten und dabei eine Begegnung stattfindet. Weniger mag ich Berührungen, die in einer überfüllten S-Bahn entstehen und denen man kaum ausweichen kann.

Wie gelingt für Sie ein Date hundertprozentig? Was wäre ein No-Go?

Hm, also: Ich date nicht. Ich bin ein Arbeitstier, nichts mache ich lieber als schreiben oder über Projekte zu sprechen. Damit habe ich Menschen sicher auch schon enttäuscht. Ich langweile mich wahnsinnig schnell, wenn ein Gespräch nur an der Oberfläche kreist, und mir sieht man das auch an.

Glauben Sie an Gott? Gibt es den Teufel?

Früher nannten mich Nachbarskinder «Heidenkind» und behaupteten, ich existiere gar nicht, weil ich nicht getauft bin. So entstand wohl mein Glaube an die Wiesen und die Gräser, an die Bäume und an alles natürlich Wachsende und Vergehende in der Welt...

Was ist Ihr grösster Traum, was Ihr schlimmster Albtraum?

Als Schriftstellerin lebe ich meinen Traum, ich schreibe und kann schreibend die Welt erfahren. Mein schlimmster Albtraum wäre demnach, das einmal nicht mehr zu können.

Wenn Sie die Macht hätten, in Zürich alleine Entscheidungen zu treffen; Was würden Sie sofort einführen, was sofort abschaffen?

Sofort einführen würde ich ein Gesetz, das festlegt, dass nicht ich alleine Entscheidungen treffen darf. Das wäre dann doch zu einseitig für eine ganze Stadt.

Was bringt sie zum Lachen, was zum Weinen?

Ich lache gern, viel und ausgiebig. Je nach Situation klingt mein Lachen anders, daran habe ich mich gewöhnt. Auch Weinen kann ich ohne Schleusen. Zum letzten Mal so richtig, als ich mein «Daheim» verlor und sehr plötzlich aus Zürich-Affoltern wegziehen musste.

Bei welcher TV-Sendung schalten Sie sofort ein, bei welcher müssen Sie einfach abschalten?

Ich habe seit einiger Zeit keinen Fernseher mehr. Ich schaue nur noch Sendungen, die ich wirklich will, und dann online. Am liebsten sehr lange Filme, die sehr gute Geschichten erzählen.

Welches Tier mochten Sie als Kind besonders? Vor welchem hatten Sie Angst?

Als Kind hatte ich einige echte und viele eingebildete Haustiere, darunter waren auch ein Rabe, der sprechen konnte und ein paar Dinosaurier. Angst hatte ich vor Spinnen, Spinnen fasse ich auch heute noch nicht an im Gegensatz zu Mäusen, Ratten, Schlangen, Käfern; vielleicht sollte ich einmal ein Buch schreiben, in dem Spinnen eine entscheidend positive Rolle spielen, wer weiss?

INFOBOX
Michèle Minelli, 1968 in Zürich geboren, ist Schriftstellerin und gibt Kurse im Kreativen Schreiben. Am 19. Mai um 20.30 Uhr stellt sie zusammen mit Peter Höner ihren neuen Roman «Die Verlorene» mit einer szenischen Lesung in der Orell Füssli Buchhandlung am Bellevue vor.
www.mminelli.ch

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