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Interview

Peter Zimmermann: «Der Züri Carneval erlebt grössere Akzeptanz.» Bilder: PD

«An der Fasnacht gibt es leider Grapscher»

Von: Clarissa Rohrbach

09. Februar 2016

Am Freitag ist es so weit: Närrisches Treiben herrscht in der Altstadt. Züri Carneval Mitorganisator Peter Zimmermann über Skeptiker, Kostüme und Alkohol.

Herr Zimmermann, das Motto des Züri Carneval ist: «Häng den Alltag an den Nagel.» Ist die Fasnacht eine Flucht vor dem Ernst des Lebens?
Der Mensch hat in allen Kulturen seit eh und je das Bedürfnis, sich manchmal gehen zu lassen. Während der Fasnacht darf man loslassen. Sie ist ein Ventil, um die alltäglichen Sorgen und die Miseren auf der Welt zu vergessen.

Die Fasnacht ist ein katholischer Brauch. Hat sie im protestantischen Zürich überhaupt Rückhalt?
In katholischen Kantonen ist die Fasnacht gesellschaftlich angesehen und akzeptiert: Jeder drückt während dieser Zeit ein Auge zu. In Zürich wird die Fasnacht seit über 100 Jahren praktiziert. Doch Kritik an dem aus protestantischer Sicht überbordenden Narrentreiben gab es immer. Fasnächtler wurden als komische Käuze, die über die Stränge schlagen, angefeindet. Über solch humorlose Schubladisierungen kann ich nur lachen. Vor allem jetzt, da wir eine Rekord­beteiligung von 70 Gruppen haben.

Sie erwarten auch 30  000 Zuschauer, dreimal so viel wie beim ersten Züri Carneval 2004. Wie erklären Sie sich die Zunahme?
Wir haben die traditionelle Zürcher Fasnacht seit rund zwölf Jahren mit viel Geduld und Herzblut wieder aufgebaut. Mittlerweile spüren wir eine grössere Akzeptanz bei den Leuten. Auch für auswärtige Guggen ist Zürich wieder attraktiv geworden: Sie finden die Stadtkulisse fantastisch. Am Wochenende werden 2300 Fasnächtler an unserem Umzug teilnehmen.

Wird die Zürcher Fasnacht jemals so gross sein wie die in Basel und Luzern?
Nein, und das streben wir auch nicht an. Wir rivalisieren auch nicht, das entspricht nicht der Idee der Fasnacht. In Basel und Luzern marschieren Gruppen und Guggen mit über 100  Teilnehmenden durch die Strassen: Das ist bombastisch. Zürich hingegen punktet mit kleinen, leisen Nuancen wie etwa detailreichen Einzelmasken. Und das soll auch so bleiben.

Wie viel gibt ein Kostüm zu tun?
Da steckt viel Zeit, Geld und Liebe drin. Für meine Kostüme brauchte ich jeweils locker 100   Stunden und mehr. Natürlich ist die Fasnacht auch ein Park der Eitelkeiten: Jeder will die schönste Verkleidung haben.

Viele werden betrunken sein.
Dass Fasnächtler «Säufer» sind, ist ein kleinbürgerliches Vorurteil. Klar trinkt ein Guggenmusiker gerne. Ich möchte jedoch den sehen, der fähig ist, stockbetrunken zehn und mehr Stunden stehend zu spielen.

Rechnen Sie mit Grapschern?
Grapscher gibt es leider auch an der Fasnacht. Beschränkten Typen begegnet man überall. Bei uns wurde noch nie ein Fall gemeldet. Ich nehme an, die Frauen wissen sich zu wehren. Sonst vertrauen wir auf die Polizei.

Die Kinderfasnacht findet am Samstag um 14 Uhr auf dem Hirschenplatz statt. Die grosse Parade ist am Sonntag um 14.30 Uhr. www.zurichcarneval.ch

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