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Interview

Ist Jesus an Ostern wirklich auferstanden? Bild: St. Peter und Paul (Clarissa Rohrbach)

Auferstehung Jesu: Wunder oder Märchen?

02. April 2015

An Ostern soll Jesus Christus drei Tage nach seiner Kreuzigung auferstanden sein. Wie wird heute die über 2000 Jahre alte Geschichte wahrgenommen? Das «Tagblatt» interviewte einen Gläubigen und einen Nichtgläubigen.

VON ANDY FISCHER

Er ist Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde von Zürich-Seebach und glaubt an die Auferstehung von Jesus Christus. So selbstverständlich ist das aber auch für einen Pfarrer nicht.

Tagblatt der Stadt Zürich: Herr Pfarrer Werder, haben Sie persönlich schon ein Wunder, also so ein richtiges Wunder erlebt?

Patrick Werder: Ganz klar, ja. Nach einem Gebet ging mein Asthma für lange Zeit weg. Später kam es unter schwierigen Umständen wieder. Aber heute geht es mir sehr gut in dieser Beziehung, wenn das Asthma auch nicht ganz verschwunden ist. Natürlich kann man solche Dinge, wenn man will, auch psychologisch wegerklären. Aber für mich wars ganz klar ein Wunder von Gott. Um es zu begreifen, muss man so etwas selber erleben.

Sie glauben auch an das Wunder der Auferstehung, dass Jesus drei Tage nach dem Tod am Kreuz von Golgatha wieder auferstanden sein soll. So ein Glaube ist wider jegliche Vernunft und daher eine grosse Leistung für einen Akademiker wie Sie.

Werder: Was heisst schon wider jegliche Vernunft? Unser Verstand ist begrenzt, und das Leben als solches ist bereits ein Wunder. Bei mir war es so, dass ich in der Bibel las und die Berichte als vertrauenswürdig empfand. Als ich dann um die Vergebung der Schuld bat, wich eine Tonne Last von mir. Buchstäblich. Damit kam auch das Vertrauen in die Auferstehungsgeschichte. Es gibt übrigens auch starke historische Hinweise, dass die Auferstehung mehr ist als nur eine Legende.

Warum ist der Auferstehungsglaube so zentral für den christlichen Glauben. Würde dieser Glaube nicht auch ohne Auferstehung funktionieren?

Werder: Das Kreuz ohne Auferstehung wäre ein Scheitern, eine absolute Zerstörung der Person Jesu. Gott hat sich aber ganz hinter Jesus gestellt und hat ihn von den Toten auferweckt und so auch die diesbezüglichen Voraussagen im Alten Testament bestätigt.

Am 4. April hat der holländische Pfarrer Klaas Hendrikse einen Auftritt in der Kirche Offener St. Jakob. Er bezeichnet sich als Atheist und spricht über den «Glauben an einen Gott, der nicht existiert». Damit glaubt er auch nicht an die Auferstehung. Der Unglaube kommt also aus der Kirche!

Werder: Ich würde nicht sagen, dass er aus der Kirche kommt, aber er hat sich an vielen Orten eingeschlichen. Solche negativen Missionierungen sind traurig und schaden den Menschen innerhalb und ausserhalb der Kirche.

Was ist der Kern ihrer Osterbotschaft?

Werder: Dass Jesus noch heute lebt. Dass er erfahrbar ist. Und dass seine Geschichte wahr ist. 

 

 

VON CLARISSA ROHRBACH 

Er kämpft für eine wissenschaftliche Weltanschauung und für die Trennung von Staat und Kirche. Andreas Kyriacou ist Präsident der Zürcher Sektion der Freidenker-Vereinigung.

Tagblatt der Stadt Zürich: Andreas Kyriacou, Sie sind ein bekennender Atheist. Feiern Sie trotzdem Ostern?

Andreas Kyriacou: Ich besuche die Familie meines Göttimeitlis. Bei den meisten gehts an diesen Tagen mehr um die Familie als um den Glauben. Diese festliche Komponente darf Ostern ruhig behalten, es sind freie Tage, an denen man sich von der Hektik des Alltags entbindet. Doch ich behaupte, dass Ostern für die allermeisten keine religiöse Bedeutung hat. Gemäss einer Nationalfondsstudie glauben nur noch 17 Prozent an einen persönlichen und überweltlichen Gott.

Sie glauben ja nicht an das Wunder der Auferstehung. Wie interpretieren Sie denn diese Geschichte?

Kyriacou: Für mich ist es ein Stück Literatur, das ich nicht als bare Münze nehme. Die Menschwerdung einer Gottheit und schliesslich seine Auferstehung in den Himmel ist ein Mythos, der in den Erzählungen verschiedenster Kulturen, seit es Quellen gibt, immer wieder verwendet wurde. Noch lange vor dem Christentum. Solche Sagen haben sich über Zeit und Raum übermittelt. Das passierte auch mit der Geschichte Wilhelm Tells, die ursprünglich aus Skandinavien kam.

Kennen Sie die Geschichte der Auferstehung gut?

Kyiracou: Im Primarschulalter kam sie mir zu Ohren. Diese Geschichte kennt man einfach, sie gehört zu unserem Kulturgut wie «Hänsel und Gretel». Später in der Kanti stellte ich so viele kritische Fragen, dass der Lehrer merkte, bei mir bringt Religionsunterricht nichts. Die Inkonsequenzen faszinierten mich.

Was ist denn an der Auferstehung inkonsequent?

Kyriacou: Sie ist natürlich biologisch nicht plausibel, steht im Widerspruch zur Wissenschaft. Um daran glauben zu können, stellt man den Anspruch an einer Welt ausserhalb der physischen.

Einigen Menschen gibt das Bild von Tod und Auferstehung Kraft. Können Sie das nachvollziehen?

Kyriacou: Für gläubige Menschen vermittelt dieses Symbol Hoffnung, das kann durchaus positiv sein. Doch die Erlöserfigur sehe ich als problematisch. Denn so gibt man die Verantwortung gegenüber sich selbst und den anderen ab. So nach dem Motto: «Ich bin nur ‹ihm› Rechenschaft schuldig.»

Was gibt denn Ihnen Kraft?

Kyriacou: Wenn man davon ausgeht, nur ein Leben zu haben, gibt das Wissen der eigenen Vergänglichkeit viel Ansporn. Man muss sich den Sinn des Lebens selber geben, das treibt an.

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Leserkommentare

Armin Wipf - Werter Herr Fischer.Glauben sie dass weil sie Pfarrer sind ,also Berufswegen ( sie arbeiten ja nicht gratis) oder als intelligenter Mensch Andy Fischer?

Vor 11 Jahren 3 Wochen  · 
Noch nicht bewertet.

Cornelia Forrer - Glauben aus beruflichen Gründen muss man nicht. Glauben ist eben Glauben und nicht Wissen. Was ich weiss ist, dass Jesus mit seinem Leben (ob er nun auferstanden ist oder nicht) uns Menschen auch heute noch einiges zu sagen hat. Nimmt man die Geschichte eins
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Vor 10 Jahren 6 Tagen  · 
Noch nicht bewertet.

Cornelia Forrer - Ach sorry, Herr Wipf, es geht im Artikel um Herrn Weder, nicht um Herr Fischer...

Vor 10 Jahren 6 Tagen  · 
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Esther Gisler Fischer - Der Mann heisst Werder, nicht Weder

Vor 7 Jahren 1 Monat  · 
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Esther Gisler Fischer - Auferstehung geschieht hier und heute. so wie es Marie-Luise Kaschnitz in ihrem Gedicht mit demselben Titel beschriebt:

Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur Auferstehung auf
Mitten am Tage
Mit unserem lebendigen Haar
Mit unserer atmenden Haut.
Nur das Gewohnte
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Vor 7 Jahren 1 Monat  · 
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