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Interview

Astrophysiker Ben Moore: «Wir müssen uns vom Gedanken verabschieden, dass extraterrestrische Lebewesen menschenähnlich sind.» Bild: SB

«Ausserirdische Besucher wären uns weit überlegen»

Von: Sacha Beuth

15. März 2016

Ben Moore gehört zu den bekanntesten Astrophysikern. Heute will der Professor der Uni Zürich auf dem Campus Irchel mit seinem Referat «Outer Space» die Geheimnisse des Weltalls einem breiten Publikum näherbringen. Das «Tagblatt» sprach mit dem 49-Jährigen über Gefahren aus dem All und Leben auf fernen Planeten.

Ben Moore, warum ist die Astrophysik auch für Laien interessant?

Weil sie wissenschaftliche Antworten auf Fragen liefert, die uns alle beschäftigen. Nämlich, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen. Und weil sie auch die Basis für gewisse technische Errungenschaften unseres Alltags bildet. Ohne die Kenntnisse der Gravitation gäbe es beispielsweise kein GPS, welches unter anderem die Daten für die Navigationssysteme unserer Autos liefert.

Die Astrophysik bietet eine breit gefächerte Themenpalette. Was wird bei Ihrem Referat «Outer Space» im Mittelpunkt stehen?

Ich werde auf einige Kapitel meines Buches «Da draussen» näher eingehen. Etwa, welche Bedingungen auf den erdähnlichen Planeten, die zurzeit laufend entdeckt werden, herrschen könnten, wie Aliens aussehen könnten oder unter welchen Bedingungen Lebensformen aus Metall möglich wären.

Und wie könnten Aliens aussehen?

Das hängt in erster Linie von der Beschaffenheit des jeweiligen Planeten und den Molekülen in der Atmosphäre ab. Gibt es etwa Sauerstoff? Und falls ja, wie viel? Wie sind dort die Temperaturen, wie stark ist die Gravitation und so weiter. Es gibt zum Beispiel Planeten, bei denen die Anziehungskraft dreimal stärker ist als die der Erde. Nach den Gesetzen der Physik wären dann allfällige Lebensformen generell klein und flach. Überhaupt müssen wir uns von der Vorstellung menschenähnlicher extraterrestrischer Lebewesen verabschieden. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass sie uns nicht gleichen.

Gibt es überhaupt ausserirdisches Leben?

Dies zu beweisen, wäre eine der grössten Errungenschaften der Menschheit. Zumindest ist ausserirdisches Leben denkbar, sogar in unserem Sonnensystem. Im Fokus sind dabei zwei Monde des Saturn, Enceladus und Titan. Die Oberfläche des Ersteren ist von einer dicken Eiskruste bedeckt. Unter dem Eis könnte es Leben geben. Auf Titan sind die Flüsse und Seen aus flüssigem Methan. Eine Lebensform würde dort wahrscheinlich auf Silizium statt Kohlenstoff basieren und Wasserstoff statt Sauerstoff atmen.

Anders als bei anderen Naturwissenschaften sind in der Astrophysik konstruierte Experimente nicht möglich. Man kann zum Beispiel den Urknall nicht nachahmen. Warum sind Sie sicher, dass es ihn trotzdem gab?

Die Gesetze der Physik sind universell. Anhand dieser Gesetze und mithilfe von Daten, die von Beobachtungen mit Teleskopen stammen, sowie mathematischen Formeln können Supercomputer ausrechnen, wie eine Galaxie oder eben unsere Erde entstanden ist. Man muss sich das wie ein Puzzle vorstellen, bei dem man zwar das Schlussbild kennt, bei dem aber noch ein paar Teilchen, sprich Beweise, fehlen, weil man sie noch nicht gefunden hat. Aber diejenigen, die man bislang gefunden hat, passen alle ins Bild.

Wie entdeckt man überhaupt Planeten?

Im Gegensatz zu Sonnen leuchten sie ja nicht. Auch hier helfen uns Beobachtungen. Wenn ein Planet einen Stern umkreist, bringt er Letzteren durch seine Anziehungskraft zum «Wackeln». Anhand der Stärke dieses «Wackelns» lässt sich die Masse eines Planeten bestimmen. Ein weiterer Hinweis ist die Helligkeit eines Sterns. Wenn ein Planet sich von uns aus gesehen bei der Umrundung vor einen Stern schiebt, lässt dessen Lichtstärke nach. Geschieht dies in einer klaren Regelmässigkeit, muss ein Planet vorhanden sein.

Wie weit ist der nächste für Menschen bewohnbare Planet entfernt?

Von den hochgerechnet etwa 10 000 erdähnlichen Planeten des Universums ist der nächste rund zwölf Lichtjahre entfernt. Allerdings wissen wir nicht. ob dort Menschen Leben könnten, nur, dass dort erdähnliche Zustände herrschen.

Hätten wir dafür überhaupt die nötigen Energieträger bzw. Brennstoffe, um den Weg in dieser Zeit zurückzulegen?

Zunächst ist es nach allen physikalischen Gesetzen nicht möglich, Materie schneller als das Licht fortzubewegen. Denkbar wäre in etwa halbe Lichtgeschwindigkeit. Diese könnte durch gezielte, aneinandergereihte Atomexplosionen oder einen Ionenantrieb erreicht werden. Allerdings würde der Bau eines entsprechenden Raumschiffs Unsummen verschlingen, die bislang keiner ausgeben will.

Wie ist es umgekehrt? Müssen wir jederzeit mit dem Besuch von Aliens rechnen?

Wohl eher nicht. Sicher ist, dass extraterrestrische Besucher uns weit überlegen wären, allein schon durch die Tatsache, dass sie interstellare Reisen unternehmen könnten. Wären sie uns freundlich gesinnt, dürften sie unsere «primitiven Lebensformen» einfach ignorieren. Eine Kontaktaufnahme hätte für sie keinen Vorteil. Wären sie uns hingegen feindlich gesinnt, würden sie uns das, was sie wollen, einfach rauben, und uns eliminieren.

«Outer Space»

Der Engländer Ben Moore ist neben seiner Tätigkeit an der Universität Zürich auch als technischer Berater des Swiss Space Museum tätig. Zuvor hält Moore sein Referat «Outer Space – ein Abend lang ab ins All». Es findet heute Mittwoch, 16. März 2016, um 20 Uhr auf dem Campus Irchel (Gebäude Y24, Hörsaal Y25-G-55), Winterthurerstrasse 190, statt. Das Referat wird auf Englisch gehalten. Der Eintritt ist frei. Es besteht die Möglichkeit, Bücher des Referenten zu kaufen und signieren zu lassen. www.swissspacemuseum.ch

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