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Interview

«Ein Pferd ist ein sehr sensibles Wesen»: Fredy Knie jun., Artistischer Direktor im Circus Knie. Bild: Circus Knie, Katja Stuppia

«Das Wichtigste bei meiner Arbeit ist Selbstbeherrschung»

Von: Sacha Beuth

26. Januar 2016

MERCEDES-CSI Circus-Direktor Fredy Knie jun. arbeitet von Kindesbeinen an mit Pferden. Nun präsentiert er seine Lieblinge erstmals vom 29. bis 31. Januar am Mercedes CSI. Dem «Tagblatt» verrät der 69-Jährige, weshalb ihn Pferde faszinieren und was die Vorführung in der Manege von der im Hallenstadion unterscheidet.

Fredy Knie, bereits als Vierjähriger sind Sie mit Pferden im Circus Knie aufgetreten. Warum haben Sie sich entschieden, mit diesen Tieren zu arbeiten und nicht mit Löwen oder Elefanten?

Ich habe in meiner Circuskarriere immer wieder auch mit anderen Tieren gearbeitet – von Giraffen über Zebras und von Kamelen bis Tigern  –, aber keine dieser Arten hat mich so fasziniert und gefordert wie die Pferde. Ein Pferd ist ein sehr sensibles Wesen. Ist ihm etwas suspekt, haut es ab, da es ein Fluchttier ist. Dementsprechend braucht der Umgang mit ihm viel Einfühlungsvermögen und Geduld.

Inwiefern hat Sie die Arbeit mit Pferden charakterlich geformt bzw. verändert?

Ich habe vor allem gelernt, mich zu beherrschen, beim Training mit den Tieren abzuschalten und andere Probleme in dieser Zeit aussen vor zu lassen. Mit dem Nebeneffekt übrigens, dass ich auch gegenüber Menschen geduldiger geworden bin. Selbstbeherrschung ist das Wichtigste bei der Pferdeausbildung. Nur so kann man das Vertrauen eines Pferdes gewinnen. Denn Vertrauen und nicht Dominanz ist die Basis für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Mensch und Pferd – und gilt für Hobbyreiter bis Springreitprofis. Das kann bei uns auch jederzeit nachvollzogen werden, denn unsere Proben sind seit Jahrzehnten für alle Interessierten öffentlich.

Gibt es unter Ihren Pferden eines, dass Sie besonders mögen?

Ja, aber ich darf dies nicht zeigen, sonst ist die Eifersucht da. Das ist wie mit einem Lehrer bei den Menschen. Der darf unter seinen Schülern auch keinen Liebling haben – oder darf es zumindest nicht zeigen. Die besondere Sympathie ist bei mir nicht von einer bestimmten Eigenschaft des Pferdes abhängig. Sie ist entweder da oder nicht.

Am Mercedes CSI treten Ihre Tiere nicht im Circuszelt, sondern auf einem provisorischen Turnierplatz auf. Welche Schwierigkeiten sind damit verbunden?

Die ungewohnte Umgebung kann durchaus einen Einfluss auf das Verhalten der Tiere haben. Dazu zählen auch Grösse und Form unseres Vorführraums. Aus diesem Grund wird für unsere Nummern innerhalb des rechteckigen Turnierplatzes eine runde Manege aufgebaut. Ausserdem arbeite ich mit einer reinen Hengstherde. Am CSI gibt es aber auch Stuten. Wenn eine von ihnen meinen Hengsten zu nahe kommt, ist der Teufel los. Ich werde ihnen darum wohl vor unseren Auftritten Bewegung verschaffen, um das «Feuer» etwas abzukühlen.

Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit mit dem CSI? Und haben Sie keine Sorge, dass die Zusammenarbeit Ihr Unternehmen konkurrenziert?

Im Gegenteil. Wir sehen es als ideale Ergänzung, weil wir glauben, dass wir so bei denjenigen Interesse wecken können, die sonst nicht in den Circus kommen. Die Gebrüder Theiler, die Organisatoren des CSI, und wir sind schon seit langem befreundet. Eine Zusammenarbeit war immer ein Thema, und 1993 ist meine Tochter Géraldine ja schon einmal am CSI aufgetreten. Für einen umfangreichen Showblock wie dieses Mal fand sich lange kein Termin, der gepasst hätte. Jetzt hat es geklappt. Und ich freue mich sehr darauf. Es wird spannend, auch weil wir anders als im Circus im Hallenstadion vor einem Fachpublikum auftreten werden.

Worin unterscheiden sich die Dressurnummern am CSI von denen, die bereits im Circus Knie zu sehen waren?

Neu ist eine Nummer von Géraldine mit acht Araberpferden. Ansonsten stammt der grosse Teil der Nummern von unserem letztjährigen Programm. Im Fokus stehen nicht Neuheiten, sondern es geht hauptsächlich darum, unsere tägliche Arbeit einem grossen Publikum vorzustellen.

Im Mittelpunkt des CSI steht traditionsgemäss der Springreitsport. Hatten Sie nie Lust, selber Profispringreiter zu werden?

Wenn ich ganz ehrlich bin, nein und zwar aus mehreren Gründen. Im Circus ist man viel unterwegs, hat viel Arbeit und kann sich darum nicht einfach mehrmals im Jahr für ein paar Tage ausklinken, um an den Concours teilzunehmen. Ich hätte mich vom Circus lösen müssen, doch das wollte ich nicht. Ausserdem möchte ich mich dem Druck zu siegen, den ein Springreitprofi hat, nicht aussetzen. Ich bevorzuge es, ein Pferd ästhetisch zu präsentieren, also lieber Show als Wettkampf.

Tierschützer kritisieren seit langem die Pferdehaltung sowohl im Circus wie bei den Springreitpferden – gerade auch wegen des damit verbundenen Reisestresses. Warum sind beide Haltungsformen trotzdem zeitgemäss?

Unter anderem weil die Argumente der Tierschützer nicht stichhaltig sind. Man kann ein Pferd ohne Stress transportieren. Man muss wie wir, mit ihm üben. Man kann sich das vorstellen wie mit einem Hund, der von seinem Besitzer im Auto mitgenommen wird.

Mercedes-Benz CSI, 29. bis 31. Januar. Die Veranstaltung beginnt am Freitag um 9  Uhr. Tickets und weitere Infos unter www.mercedes-csi.ch.

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