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Interview

Nachdenklicher Bo Henriksen: Hat der FCZ-Coach einen Weg gefunden, dank dem es mit dem Tabellenletzten FCZ wieder aufwärtsgeht? Bild: SB

«Der Wille der Spieler ist da»

Von: Sacha Beuth

24. Januar 2023

Zum Rückrundenstart der Super League am letzten Wochenende hatte FCZ-Trainer Bo Henriksen (47) von Vereinspräsident Ancillo Canepa einen klaren Auftrag erhalten: so schnell wie möglich weg vom Tabellenende zu kommen. Ein erster kleiner Schritt dazu erfolgte am Samstag beim 2:2 auswärts gegen Luzern. 

Wegen der völlig missglückten Hinrunde mit gerade mal 2 Siegen aus 16 Spielen wies der FC Zürich zur Winterpause gerade einmal 12 Punkte auf dem Konto auf und grüsste die Liga vom Tabellenende. Nach dem Rückrundenstart am Samstag auswärts gegen den FC Luzern und dem damit verbundenen 2:2 sieht die Bilanz minimal besser aus. Unabhängig davon, ist Headcoach Bo Henriksen von den physischen und psychischen Qualitäten seines Teams überzeugt und nimmt im «Tagblatt» Stellung zur aktuellen Situation beim FCZ, zur Fankultur in Zürich und zu Körperkontakt mit Schiedsrichtern.

Der Start in die Rückrunde ist dem FCZ mässig gelungen. Welchen Einfluss hat das Resultat auf das Team?

Bo Henriksen: Wir müssen um jeden Punkt kämpfen. Und der Wille der Spieler dazu ist da. Gegen Luzern haben wir bis zum Schluss alles daran setzen wollen, um ein positives Resultat zu erzielen. Was uns dann auch gelungen ist. Zwar kann ich mit der Leistung insgesamt nicht zufrieden sein. Doch wir haben Moral bewiesen und trotz des 0:2-Rückstands noch ein Unentschieden geholt. Am Ende durften wir mit einem guten Gefühl nach Zürich zurückfahren.

Schaut man sich die letzten fünf Testspiele während der Winterpause an, ist Optimismus durchaus angebracht. Je ein Sieg gegen Wil und Cluj, je ein Unentschieden gegen Schalke und Hannover und nur gegen Leverkusen gab es eine klare 1:4-Niederlage.

Die Pause hat den Spielern gutgetan. Wir konnten auch wieder «normal» trainieren, was während der englischen Wochen, als wir noch im Europacup spielten, nicht möglich war.

Welche Lehren haben Sie aus der Hinrunde gezogen beziehungsweise wo haben Sie den Hebel angesetzt?

Wir wollen noch etwas offensiver spielen, früh pressen, früh den Ball erobern und schneller umschalten. Und wir müssen effizienter werden bei unserer Chancenauswertung.

Die Winterpause brachte auch eine Hiobsbotschaft mit sich: Goalie Yanick Brecher erlitt im Trainingslager in der Türkei eine Knieverletzung und fällt auf unbestimmte Zeit aus. Wie schwer wiegt seine Absenz?

Wenn du deinen Captain verlierst, wiegt das immer schwer. Glücklicherweise haben wir mit Zivko Kostadinovic einen Mann, der ebenfalls ein sehr guter Torhüter und erfahren ist. Er geniesst mein hundertprozentiges Vertrauen.

Neben Brecher waren bis vor kurzem noch mehrere andere Spieler verletzt oder krank. Hat sich das Lazarett inzwischen gelichtet?

Glücklicherweise ja. Ole Selnaes hat seine Verletzungen auskuriert, Donis Avdijaj sein Aufbautraining beendet und die erkrankten Becir Omeragic (der zur Enttäuschung von Präsident Ancillo Canepa den Ende Saison auslaufenden Vertrag nicht verlängern will, die Red.) und Jonathan Okita sind auch wieder auf dem Damm. Neben Brecher ist nur noch Ivan Santini gegenwärtig nicht einsetzbar.

Die Verstärkungen auf die Rückrunde hin betreffen vor allem die Offensive. Wie zufrieden sind Sie mit den Neulingen?

Ich bin grundsätzlich froh, dass wir uns in der Offensive verstärkt haben und sich mir nun eine breitere Auswahl bietet. Roko Simic hat bereits gezeigt, dass er ein ambitionierter, hungriger Spieler ist, und gleich zwei Tore bei seinem Super-League-Debüt im FCZ-Dress erzielte. Bei Afriyie können wir noch nicht allzu viel sagen. Er ist bis Februar noch mit der ghanaischen Nati an der afrikanischen Nationenmeisterschaft engagiert. Zuvor stand er schon im WM-Kader der Afrikaner. Insgesamt kann man sagen, dass alle Jungen einen guten Eindruck hinterlassen haben.

Als Sie im Herbst letzten Jahres Ihren Job beim FCZ antraten, war Ihnen die Schweizer Fussballszene relativ unbekannt. Welche Erfahrungen, die Sie in der Zwischenzeit machten, haben Sie am meisten beeindruckt?

Mit welcher Leidenschaft die FCZ-Fans ihren Klub unterstützen. So kamen zu unserem Training vor den Spielen gegen Sion und Arsenal mehrere Hundert Zuschauer – und das an einem Freitag um 11 Uhr. Einfach unglaublich! Und dann sagten sie uns: Egal, ob ihr gewinnt oder verliert, wir stehen zu euch, solange ihr auf dem Platz kämpft. Da bekommst du Gänsehaut.

Eine weitere Erfahrung durften Sie auch im Umgang mit Schweizer Schiedsrichtern machen. Nämlich dass für die Umarmen und Schubsen nicht das Gleiche ist. (Henriksen erhielt in der Partie gegen Basel die Rote Karte, weil er beim Lamentieren über ein angebliches Foul der Basler den vierten Offiziellen geschubst hatte. Der Däne sagte hinterher, er hätte den Unparteiischen lediglich umarmen wollen, die Red.)

Dabei wollte ich doch nur, dass wir uns näherkommen (grinst). Im Ernst: Da habe ich mich nicht gerade intelligent verhalten und nicht den Respekt gezeigt, den ein Unparteiischer verdient. Das werde ich künftig besser machen.

Wie gefällt es Ihnen generell in der Schweiz, insbesondere in Zürich?

Sehr gut. Ich kannte ja die Schweiz schon ein wenig von zwei meiner Cousins, die hier wohnen und die ich gelegentlich besucht habe. Nachdem ich erst alleine hierhergezogen bin, ist inzwischen auch meine Frau mit zweien meiner Kinder (Der älteste Sohn blieb zwecks Studium in Dänemark, die Red.) nachgekommen und nun leben wir alle zusammen in einer Wohnung in der Nähe der Stadt.

Zur Person

Seit dem 10. Oktober 2022 ist der Däne Bo Henriksen Chefcoach des FC Zürich. Geboren am 7.2.1975 in Roskilde, spielte er während seiner Aktivkarriere unter anderem als Mittelstürmer für Odense BK und Herfolge sowie in England bei den Kidderminster Harriers, den Bristol Rovers, in Island bei Valur Reykjavik und beim maledivischen Klub Victory. Er startete seine Trainerkarriere 2006 beim dänischen Klub Brönshöj BK. Über den AC Horsens und den FC Midtjylland (mit dem er 2021 / 22 dänischer Vizemeister und Cupsieger wurde) führte ihn sein Weg an die Limmat.

Kader-Änderungen bei FCZ und GC

Der FCZ hat sich im Hinblick auf die Rückrunde mit den Stürmern Roko Simic (KRO, 19, leihweise von RB Salzburg) und Daniel Afriyie (GHA, 21, von Hearts of Oak) und Mittelfeldspieler Stephan Seiler (SUI / BRA, 22, war an Winterthur ausgeliehen) verstärkt. Ausserdem rückten Stürmer Calixte Paul Ligue «Junior» (17) und Verteidiger Ramon Guzzo (18) von den eigenen Junioren ins Fanionteam nach. Dagegen gab es bislang nur einen Abgang: Verteidiger Karol Mets (EST, 28, zu St. Pauli) wurde in die 2. Bundesliga ausgeliehen. Bei GC sind der ausgeliehene Stürmer Leonardo Uka (KOS, 21, von Schaffhausen) und Mittelfeldspieler Teruki Hara (JAP, 24, von Shimizu S-Pulse) neu. Vor dem Abgang stehen soll Stürmer Shkelqim Demhasaj (KOS, 26). 

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