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Interview

Felix Frei, WM-OK-Präsident für Zürich. Bild: AG Hallenstadion / M. Grubenmann

«Die Absage trifft das Hallenstadion sehr stark»

Von: Sacha Beuth

30. März 2020

Im Hallenstadion befand man sich bei den Vorbereitungen zu den Weltmeisterschaften in den letzten Zügen, als der IIHF den Anlass absagte. Felix Frei (60), OK-Präsident für den Standort Zürich, steht mit seinem Team vor einem Scherbenhaufen und das Hallenstadion hat einen grossen finanziellen Verlust zu beklagen.

Nachdem schon länger Gerüchte kursierten, ist es seit vorletzter Woche definitiv: Die 84. Eishockey-Weltmeisterschaft, die vom 8. bis zum 24. Mai in der Schweiz (Zürich und Lausanne) hätte stattfinden sollen, wurde wegen der Coronakrise abgesagt. Ein herber Schlag nicht nur für Spieler und Fans, sondern auch für die Organisatoren wie Felix Frei. Der 60-Jährige war OK-Präsident des Standorts Zürich und bis zum 1. Februar auch CEO der AG Hallenstadion. Die WM hätte sein Abschiedsprojekt werden sollen.

Wie sehr trifft Sie die WM-Absage?

Felix Frei: Persönlich habe ich dafür grundsätzlich grösstes Verständnis. Das Wohlergehen der Menschheit hat eine höhere Priorität als ein solcher Anlass. Nichtsdestotrotz ist es natürlich schade und für alle Beteiligten am Projekt ein herber Einschnitt. Allein für die Vorbereitungen der WM-Partien im Hallenstadion waren seit rund zwei Jahre immer mehr Personen tätig, die teilweise extra für diesen Zweck eingestellt worden waren. Das ganze Team steckte enorm viel Herzblut in die Angelegenheit, was man auch daran erkennen kann, dass die Vorbereitungen zum Zeitpunkt der Absage zu 80/90 Prozent abgeschlossen waren.

Wie geht es nun weiter? Wird die WM auf 2021 verschoben und bleibt die Schweiz mit Zürich und Lausanne Austragungsland?

Das zu entscheiden, obliegt der Internationalen Eishockeyföderation IIHF. Aber wir hoffen es natürlich. Einerseits wäre es uns immer noch eine grosse Freude, die WM durchzuführen. Andererseits könnten wir so den Schaden für alle Beteiligten in Grenzen halten. Klar ist schon jetzt, dass es nicht einfach wird. Vor allem wegen der Termine. Da ist nicht nur die IIHF gefordert, Platz im Kalender zu schaffen und die Weltmeisterschaften der Folgejahre zu verschieben, sondern auch die AG Hallenstadion – wir haben schon viele Anfragen für diese Zeit. Das betrifft nicht nur die Events in der Halle selber, sondern auch die Verfügbarkeit der umliegenden Hotels und der Messe. Ich bin aber optimistisch, dass es gelingen wird. Die WM wäre dann zur gleichen Zeit oder eine Woche später.

Werden Sie in diesem Fall wieder das OK-Präsident für Zürich?

Das ist noch nicht definiert und muss erst mit der AG Hallenstadion abgesprochen werden, da ich dann ja nicht mehr dort angestellt bin. Ich wäre sicher gerne bereit dazu.

Wie hoch ist der Verlust durch die abgesagte WM?

Für die gesamte WM ist das wohl noch nicht abzuschätzen. Man kann aber davon ausgehen, dass viele Arbeiten à fonds perdu erfolgten, also nicht entschädigt werden können. Dagegen kann man schon sicher sagen, dass die Absage das Hallenstadion sehr stark treffen wird. Der Ertragsausfall wird bei mehreren Millionen liegen. Alle Eventausfälle eingerechnet, verliert das Hallenstadion gegenwärtig wegen des Coronavirus zusätzlich pro Woche gut 500 000 Franken. Hinzu kommen die nicht entschädigten Kosten für die tausenden Arbeitsstunden in der Vorbereitung.

Apropos Finanzen. Mit dem Auszug der ZSC Lions, die sich in Alt­stetten ein eigenes Stadion bauen, verlieren Sie in wenigen Jahren Ihren wichtigsten Mieter. Wie wird dieser finanzielle Ausfall wettgemacht?

Der Auszug der ZSC Lions ist in jeder Beziehung eine Zäsur – nicht nur finanziell, sondern auch imagemässig. Sie stellen rund 20 Prozent des Hallenstadionumsatzes und rund 25 Prozent des Eventaufkommens. Allerdings besetzen die Lions pro Jahr auch rund 60 Termine, von denen aber im Schnitt nur 35 genutzt werden. Wir sehen darum gute Chancen, dass wir zumindest einen Teil der Ausfälle durch andere Events wie GVs, Konzerte oder Shows kompensieren können, weil dann mehr auf die Wunschdaten der Veranstalter Rücksicht genommen werden kann.

13 Jahre waren Sie CEO der AG Hallenstadion, bis Sie den Stab freiwillig am 1. Februar Philipp Musshafen übergaben. Was waren die aus Ihrer Sicht denkwürdigsten Erlebnisse in dieser Zeit? Und was werden Sie am meisten vermissen?

Denkwürdige Momente gab es viele. Am besten in Erinnerung sind mir jene, die uns organisatorisch am meisten herausgefordert haben. Die Match-for-Africa-Tennisveranstaltungen mit Roger Federer, der Boxkampf um die WM-Krone zwischen Evander Holyfield und Nikolai Valuev 2008. Oder das Handball-Länderspiel Schweiz –Deutschland 2016, das für einen Zuschauerrekord sorgte und das einen Tag nach dem Superzehnkampf und einen Tag vor dem Swisscup stattfand. Und natürlich ans Playoff-Finale 2008, als die ZSC-Fans bis morgens um 4 Uhr den Titelgewinn der Lions feierten, der Boden des Hallenstadions zentimeterhoch mit Bier bedeckt war und anschliessend das ganze Team einschliesslich meiner Wenigkeit den Putzlappen in die Hand nahm, damit abends das Konzert von Katie Melua über die Bühne gehen konnte. Das hat uns zusammengeschweisst und der Zusammenhalt ist auch das, was ich am meisten vermissen werde.

Auch Olympia verschoben

Am 24. März entschied das Internationale Olympische Komitee IOK, dass wegen der Coronakrise auch die Sommerspiele 2020 verschoben werden. Diese hätten vom 24. Juli bis 9. August in Tokio stattfinden sollen, wurden aber auf Sommer 2021 verschoben. Ein genaueres Datum konnte noch nicht bekanntgegeben werden, da erst andere Sportveranstaltungen, die für den Sommer 2021 geplant waren, verschoben werden müssen.

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