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Interview

Prisca Huguenin dit Lenoir: «Man wählt seine Feriendestination anhand einer möglichst aktuellen Sicherheitslage.» Bild: Hotelplan

«Die Leute buchen immer kurzfristiger»

Von: Sacha Beuth

12. Juli 2016

Die Sommerferien stehen vor der Tür. Hotelplan-Suisse-Mediensprecherin Prisca Huguenin dit Lenoir (43) weiss, wohin es die Zürcher zieht, wie der Terror das Reiseverhalten verändert und wo es noch Last-Minute-Schnäppchen gibt.

Prisca Huguenin dit Lenoir, wie verläuft das diesjährige Sommerferiengeschäft im Vergleich zum letzten Jahr?

Durchwachsen. Gegenüber dem Vorjahr haben wir bei den Passagierzahlen im einstelligen Prozent­bereich verloren. Bei einzelnen Destinationen wie etwa der Südtürkei liegen wir gegenüber 2015 sogar um 70 Prozent zurück. Auf der anderen Seite konnten wir bei den Destinationen in der Schweiz und den umliegenden Ländern sowie Spanien und Portugal zulegen. Generell können wir zwei Trends feststellen: einerseits eine Verschiebung weg vom östlichen und hin zum westlichen Mittelmeerraum, andererseits buchen die Leute immer kurzfristiger. Im Schnitt 10 Tage, oftmals sogar erst 3 Tage vor Abflug. Dies gilt sogar für Familien, die ihre Sommerferien zuvor meist schon im Januar/Februar gebucht haben.

Wie erklären Sie sich diese Trends?

Er ist in erster Linie wohl auf die Angst vor Terroranschlägen zurückzuführen. Man wählt die Destination anhand einer möglichst aktuellen Sicherheits- bzw. Gefahrenlage. Neben der Terrorgefahr dürfte auch die persönliche wirtschaftliche Situation eine Rolle spielen. Viele Branchen haben gegenwärtig zu kämpfen, der Arbeitsplatz ist vielleicht in Gefahr. Da macht man entweder keine oder nur preiswerte Ferien.

Wird die Terrorgefahr das Reiseverhalten nachhaltig ändern, oder werden viele Touristen nach ein, zwei Jahren wieder in die Türkei und Tunesien zurückkehren?

Schwierig zu sagen. Anhand der Erfahrungen, die wir in dieser Beziehung mit Ägypten gemacht haben, schätzen wir, dass sich die Buchungssituation mittelfristig erholt, aber nicht mehr das Niveau wie vor dem Arabischen Frühling erreicht. Gerade Familien meiden über einen längeren Zeitraum hinaus diese Destinationen, obwohl sie preislich sehr attraktiv sind.

Die Spanier wissen um diesen Umstand. Einige Destinationen wie etwa Mallorca haben nicht nur die Hotelpreise erhöht, sondern gleich auch eine Tourismustaxe eingeführt. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

In der Tat sind in Spanien die Hotelpreise teilweise über 10 Prozent höher als letztes Jahr. Aber hier herrscht nun mal das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Weder die Taxen – die sich ohnehin kaum merklich auf den Endpreis auswirken – noch die Preiserhöhungen werden Spanien deswegen schaden. Handkehrum ist aber auch klar, dass sich die Leute wieder den günstigeren Destinationen im östlichen Mittelmeer zuwenden, sobald die Lage dort wieder sicherer ist.

Andere Destinationen vergällen einem die Ferien mit fragwürdigen Vorschriften. So ist es etwa in Sardinien verboten, Sand auszuführen. Kennen Sie weitere Beispiele?

Auch wir haben festgestellt, dass derartige Regeln allgemein restriktiver sind als in den letzten Jahren. Aber wie heisst es so schön: andere Länder, andere Sitten. In einigen Orten darf man am Strand keine Sandburgen bauen, andernorts gelten rigorose Kleidervorschriften, und auf Mallorca sind neu Saufgelage am Strand verboten. Und am Schweizer Zoll sorgen gefälschte Luxusartikel aus dem Ausland immer wieder für Ärger. Meist geht es aber nur darum, ein Überborden zu verhindern. Wer ein paar Gramm sardischen Sand absichtlich oder ­unabsichtlich einpackt, wird wohl ebenso wenig gebüsst wie einer, der an einem Strand von Mallorca ein einziges Bier trinkt. Grundsätzlich empfehlen wir allen Kunden, sich vorab über die Gepflogenheiten ihres Gastlandes zu informieren.

Wie sehen Sie die Prognosen für die USA? Bleibt der Boom trotz umstrittener Politik, Polizeigewalt und praktisch jedes Jahr verschärften Einreisevorschriften bestehen?

An das Prozedere bei der Einreise haben sich die meisten USA-Touristen schon gewöhnt, sodass eine allfällige weitere Verschärfung sie kaum von einer Amerikareise abhalten wird. Allenfalls dürfte die Wahl des nächsten Präsidenten einen Einfluss haben, ob man das Land weiterhin besucht.

Welche sind heuer die Lieblingsdestinationen der Zürcherinnen und Zürcher?

Die Topdestinationen sind Mallorca und – obwohl sie sich im östlichen Mittelmeer befinden – Kreta und ­Zypern. Dahinter folgt gleich der Europa-Park. Im Langstrecken­bereich rangieren neben Dauerbrenner Kuba Mauritius, die Dominikanische Republik und Madagaskar dieses Jahr ganz oben in der Beliebtheitsskala.

Wo ist die Chance am grössten, noch ein Last-Minute-Schnäppchen zu ergattern?

Für Ferien in der Türkei und Tunesien. Dort gibt es noch die Chance, für 500 Franken eine Woche all-inclusive in einem Viersternhotel zu verbringen. Flug und Transfer eingeschlossen. In Italien reicht es fürs gleiche Geld höchstens zu einem Dreisternhotel mit Halbpension.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage. Wo werden Sie die offiziellen Sommerferien verbringen?

Zu Hause respektive im Büro, da ich gerade eine Woche Veloferien in der Schweiz gemacht habe. In dieser Zeit haben wir sechs Pässe bezwungen und insgesamt 800 Kilometer zurückgelegt. Ein tolles, sehr empfehlenswertes Erlebnis. 

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