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Interview

"Die Ruhe am Sonntag ist mir heilig"

13. Juni 2012

125 Frauen und Männer sitzen im Gemeinderat der Stadt Zürich. Wie ticken unserer Parlamentarier? Diese Woche mit Gerhard Bosshard, EVP.

Tagblatt der Stadt Zürich: Welches ist Ihr Lieblingscafé in Zürich?

Gerhard Bosshard: Das Café St. Jakob. In meiner Funktion als Pfarrer bin ich jede Woche einen halben Tag hier, um mit den Menschen, die in der Werkstätte einen geschützten Arbeitsplatz haben und auch als Seelsorger mit dem Personal Gespräche zu führen.

Bosshard: Was geht Ihnen in Zürich besonders auf den Keks? Das Drängeln. Die Autofahrer drängeln sich mit den Velofahrern, die Velofahrer bedrängen die Fussgänger, und im Tram steht man sich auf den Füssen.

Wie würden Sie einem Fremden Ihr Äusseres beschreiben?

Bosshard: Meine Frau sagt, ich sei ein nordischer Typ und ich hätte deswegen den Vorteil, dass man die grauen Haare noch nicht so gut sehe.

Wer ist Ihr liebster politischer Gegner, und warum?

Bosshard: Ich sehe die politischen Gegner, die man so bezeichnet, weil sie nicht die gleiche Meinung haben wie man selber, nicht als Gegner, sondern ich sehe diesen Rat als ein Miteinanderspielen. Natürlich ist es ein ernsthaftes Spiel, aber jeder hat seine Rolle und die Aufgabe, seine Sicht gut einzubringen.

Wer ist Ihr Vorbild oder Ihr Kindheitsheld?

Bosshard: Old Shatterhand.

Wann haben Sie das letzte Mal einen über den Durst getrunken?

Bosshard: Vor 41 Jahren an einer Pfarreieinsetzung. Seither hatte ich es nie mehr nötig, diese Grenze zu erreichen.

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?

Bosshard: Bei den letzten drei Schweizer Filmen: «Nebelgrind», «Liebe und andere Unfälle» und «Sommervögel». Die haben mich gerührt.

Was ist Ihnen heilig?

Bosshard: Die Ruhe am Sonntag.

Glauben Sie an Gott?

Bosshard: Ja. Ich glaube an den lebendigen Gott – manchmal meint man mit dem Begriff Gott vielleicht eher einen Götzen. Aber der Gott, an den ich glaube, hat sich ein menschliches Angesicht gegeben in Jesus Christus, der lebendig ist in dem Sinne, dass er einen Weg mit uns geht.

Geben Sie einem Bettler Geld?

Bosshard: Nein, prinzipiell nicht. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann biete ich an, an einem Takeaway etwas zum Essen kaufen zu gehen.

Sex gegen Geld. Was halten Sie davon?

Bosshard: Nicht viel. Zum einen wird immer behauptet, es sei das älteste Gewerbe der Welt, es ist aber das zweitälteste, das älteste ist die Landwirtschaft. Zum anderen finde ich den Strassenstrich absolut entwürdigend.

Wer ist für Sie der bedeutendste Zürcher?

Bosshard: Mit der längsten Nachhaltigkeit ist das für mich Huldrych Zwingli.

Von welchem Beruf träumten Sie als Kind?

Bosshard: Autodesigner.

Was haben Sie bis heute leider noch nicht gemacht?

Bosshard: Ich habe einen Apfelbaum gepflanzt, ich habe drei Söhne, zwei Enkel, aber ich habe noch kein Haus gebaut.

Was bereuen Sie?

Bosshard: Im eigentlichen Sinne bereue ich nichts. Ich bin mir bewusst, dass ich hier und dort Fehler mache und immer wieder auf Vergebung angewiesen bin. «Aus Gottes Gnade bin ich, was ich bin.»

Wohin wollten Sie schon immer mal verreisen?

Bosshard: Nach Hawaii. Meine zukünftige Schwiegertochter hat Grosseltern dort, und die Familien werden sich nächstes Jahr alle zusammen auf Hawaii treffen. Darauf freue ich mich sehr.

Wovor fürchten Sie sich?

Bosshard: Im Grunde genommen vor nichts. Angst macht mir, wenn viele Menschen vor etwas Angst haben, wovor es in der Gegenwart keinen Grund gibt, Angst zu haben.

Was wäre Ihre Henkersmahlzeit?

Bosshard: The Last Supper – das Abendmahl.

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