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Interview

Bild: Nicolas Y. Aebi

«Die Stadt Zürich ist gut unterwegs»

Von: Sacha Beuth

30. Dezember 2013

Das traditionelle Jahresinterview des «Tagblatts» mit der Stadtpräsidentin basiert dieses Mal auf Fragen unserer Leserschaft. Aus Platzgründen konnten wir leider nicht alle davon Corine Mauch vorlegen, sondern mussten eine Auswahl treffen, wobei wir uns bemüht haben, dass diese möglichst vielfältig ausfällt.

Ralf Bäumle, Kreis 2: Welche Aufgaben und Anliegen stehen für 2014 zuoberst auf Ihrer To-do-Liste?

Corine Mauch: Nach den Wahlen gilt es das neue Stadtratsteam so aufzustellen, dass die Zusammen­arbeit so gut funktioniert wie bisher. Ansonsten stehen Wohnen, Finanzen und Verkehr im Vordergrund. Wir wollen noch mehr preisgünstige Wohnungen schaffen und den Bestand an gemeinnützigen Wohnungen langfristig von einem Viertel auf ein Drittel erhöhen. Im Moment sind in Zürich fast 5000 Wohnungen im Bau. Die Stadt selbst plant rund 1000 Wohnungen. Beim Verkehr ist unser Hauptziel, diesen flüssig und stadtverträglich zu gestalten. In einer wachsenden Stadt mit knappem Raum muss das effizienteste Verkehrsmittel Priorität geniessen. Das ist meist der ÖV. Die Finanzen müssen mittelfristig im Lot bleiben, und auch die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft sind eine Daueraufgabe.

Michael Kenner, Kreis 7: Können Sie es sich vorstellen, sich dafür einzusetzen, das die Beratungs- und Verkaufsstelle der VBZ am Central nicht geschlossen wird? Touristen wie auch Einheimische wären dankbar dafür. Zudem gingen einige ­Arbeitsplätze nicht verloren!

Mauch: Es ist keine Schliessung, sondern eine Verlegung um rund 300 Meter in die Halle des Durchmesserbahnhofs Löwenstrasse. Das neue Kundencenter wird zeitgleich mit der Aufhebung der alten Verkaufsstelle im Juli 2014 eröffnet werden und ist viel attraktiver als der provisorische Container am Central. Arbeitsplätze gehen dabei keine verloren.

Augusta Z., Zürich: Warum kann das Sprachlabor anstatt in den einmalig historischen Räumen des Strauhofs nicht in einem zentralen, schlichten Gebäude durchgeführt werden?

Mauch: Wir mussten abwägen, welche Schwerpunkte wir in der Literaturförderung und im Strauhof setzen wollen. Wollen wir seinen musealen Charakter erhalten, oder wollen wir die Literaturvermittlung stärker auf ein jugendliches Publikum ausrichten? Wir haben uns für das junge ­Literaturlabor entschieden, wo ­Autorinnen und Autoren mit Jugendlichen arbeiten. Der Strauhof mit ­seinen verwinkelten und kleinen Räumen eignet sich sehr gut dafür. Literaturausstellungen soll es in ­Zürich weiterhin geben, jedoch an verschiedenen Orten.

Martin Zahnd, Kreis 10: Diesen Sommer wurden bei uns die Primarschule und wohl auch andere Schulen in Zürich mit WLAN ausgerüstet, obwohl verschiedene Quellen vor   gesundheitsschädlicher WLAN- Strahlung warnen. Wieso?

Mauch: Wir haben die möglichen Risiken zusammen mit dem Bundesamt für Gesundheit genau geprüft. Die Resultate zeigten, dass die WLAN unbedenklich sind. WLAN ist heute fast allgegenwärtig, in öffentlichen Bereichen und in Privathaushalten. Für den Schulbetrieb bietet es Vorteile, es gehört zu einer zeitgemässen Schule. So können Computer viel flexibler eingesetzt werden.

Hans-Peter Köhli, Zürich: Die Finanzzahlen der Stadt sind rot. Der Wanderweg am Üezgi kann aus Geldmangel nicht geflickt werden, und die Stadt gibt keine verbilligten SBB-Tageskarten mehr ab. Sind Sie vor diesem Hintergrund immer noch für die teure Aufstellung des Hafenkrans?

Mauch: Wir sind weiterhin überzeugt von diesem Projekt. Klar, es löst Debatten aus. Aber das ist ja gerade auch Sinn und Zweck von Kunst im öffentlichen Raum. Das war übrigens seinerzeit bei der Tinguely-Maschine am See und der Max-Bill-Plastik an der Bahnhofstrasse nicht anders. Und heute möchte niemand auf sie verzichten. Im Unterschied zu diesen beiden Werken ist «Zürich Transit Maritim» mit dem Hafenkran aber nur temporär. Die Vereinbarungen dazu sind abgeschlossen, und der Gemeinderat hat sich gerade eben wieder dafür ausgesprochen. Es ist ein tolles Projekt, das uns im nächsten Jahr erwartet.

Guido von Arx, Kreis 3: Wird das sogenannte Globus-Provisorium zu einem Coop-Permanentgebäude, oder wird sich in näherer Zukunft etwas ändern?

Mauch: In näherer Zukunft wird sich daran nichts ändern. Denn es bestehen langfristige Verträge mit dem Detaillisten, und auch die Stadtpolizei nutzt dort Räume. Zudem sind die städtischen Mittel derzeit knapp. Es ist nicht der Moment, ein neues Projekt zu lancieren.

Renate Lafranchi, Kreis 10: Weshalb gibt es in der Stadt Zürich im Gegensatz zu vielen deutschen Städten nur sehr wenige Parkplätze für Behinderte?

Mauch: Wo ein Bedürfnis nach ­einem Behindertenparkplatz an­gemeldet und ausgewiesen wird, ­setzen wir dies wenn möglich auch um. Allerdings sind wir darauf ­angewiesen, dass Betroffene der Stadt die entsprechenden Standorte ­melden.

Jeannine Segantini, Kreis 5: Warum kündigt Zürich nicht die Städtepartnerschaft mit Kunming und sucht sich stattdessen eine Metropole in einem Land, in dem die Menschenrechte nicht derart mit Füssen getreten werden wie in China?

Mauch: In der über 30-jährigen Partnerschaft haben wir für die Menschen in Kunming viele Verbesserungen erzielen können, zum Beispiel beim öffentlichen Verkehr, beim Gewässer- und Denkmalschutz. Das Thema Menschenrechte wird im Rahmen des Menschenrechtsdialogs auf nationaler Ebene angegangen. Wenn wir die Partnerschaft auf kommunaler Ebene künden, wird sich die Menschenrechtssituation in China dadurch nicht verändern.

Stefan Zweifel, Kreis 11: Wie viele Umfragen zeigen, ist die Stadt Zürich vor allem bei Alleinstehenden, im besonderen Single-Frauen beliebt. Was aber tut die Stadt, um ­wieder familienfreundlicher zu ­werden?

Mauch: Die Stadt Zürich ist auch bei Familien sehr beliebt. Es leben immer mehr Familien hier. Darum brauchen wir auch mehr Schulhäuser, Kindergärten und ausserfamiliäre Kinderbetreuung. In diese Bereiche investieren wir kontinuierlich, genauso wie in die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Valentin Hauri, Kreis 3: Weshalb haben Sie sich öffentlich gegen die 1:12-Initiative geäussert, obwohl diese Initiative aus SP-Kreisen kommt?

Mauch: Dieser Eindruck ist falsch und entstand wohl aufgrund eines Artikels mit einer irreführenden Titelgebung. Ich habe mich nicht gegen die Initiative ausgesprochen, sondern habe grosses Verständnis für ihr Anliegen, unter anderem weil sich massive Lohn- und Boni-­Exzesse nicht durch Leistung rechtfertigen lassen. Ich wies aber auch darauf hin, dass sich Schwierigkeiten bei ihrer Umsetzung ergeben werden.

Rose-Marie Tamborini, Kreis 7: Wieso müssen die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher für die Grünabfuhr derart hohe Gebühren bezahlen, während andere Gemeinden um Zürich und viele Schweizer Städte keine Gebühren dafür verlangen?

Mauch: Beim neuen Bioabfall-Abo hängt der Preis vom Volumen ab und ist darum verursachergerecht. Weil man neu auch Küchenabfälle im Bioabfallcontainer entsorgen kann, spart man bei der Sack­gebühr. Aus dem Bioabfall wird Biogas, wir gewinnen also erneuerbare Energie.

Tagblatt der Stadt Zürich: Zum Schluss noch eine Frage der Redaktion: Wie lautet Ihre Bilanz für das vergangene Amtsjahr, und was erwarten Sie von 2014?

Mauch: Nimmt man die letzte Bevölkerungsbefragung als Massstab, dann darf man sagen, dass die Stadt erfreulich gut unterwegs war und ist. Der enger gewordene finanzielle Spielraum ist natürlich eine grosse Herausforderung. Deswegen dürfen wir aber nicht in Panik verfallen, sondern müssen weitsichtig schauen, dass wir die Mittel richtig investieren. Persönlich macht mir mein Amt als Stadtpräsidentin nach wie vor viel Freude, und ich bin zuversichtlich, dass ich dieses auch nach den Wahlen vom 9. Februar ausüben darf.

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