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Interview

Hardy Lussi (l.), Geschäftsführer von S1 und Mike Gut, Programmdirektor. Bild: PD

"Für den Zuschauer wird es ein Heimkommen sein"

Von: Jan Strobel

24. September 2013

Ab dem 16. Oktober ist die Schweizer Fernsehlandschaft um einen nationalen Privatkanal reicher. Dann nämlich geht S1 auf Sendung. Hinter dem neuen Sender stehen die Zürcher Medienprofis Hardy Lussi und Mike Gut, beide ehemalige Kader von Sat 1 und Pro Sieben Schweiz. Mit dem «Tagblatt» sprachen sie über das Programm von S1 und was sie anders machen werden als SRF oder 3+.

Tagblatt der Stadt Zürich: Hardy Lussi, Mike Gut, wie kam es zur Idee, einen eigenen Sender ins Leben zu rufen?

Mike Gut: Wir beide sind schon so viele Jahre im Fernsehgeschäft tätig, da war es irgendwann einfach klar, dass da der Wunsch nach einem eigenen TV-Sender immer stärker wurde. Mit S1 wird dieser Traum jetzt Realität.

Ein gewagter Traum. Immerhin verschwanden Projekte wie TV3 oder Tele 24 nach relativ kurzer Zeit wieder in der Versenkung. Nur 3+ kann sich als einziger nationaler Privat­sender heute behaupten ...

Hardy Lussi: ... und das werden wir jetzt ändern. Abgesehen davon beweist gerade 3+, dass ein attraktives, nationales Privatfernsehen heute in der Schweiz mit grossem Erfolg funktionieren kann. Die Zeiten haben sich mittlerweile stark gewandelt. Wir profitieren von der Liberalisierung des Fernsehmarktes, die immer weiter fortschreitet, sind heute also nicht mehr Auflagen unterworfen, die noch in den späten 90er-Jahren privates Fernsehmachen erschwerten. Es ist keine Pflicht mehr, enorm kostenintensive Formate wie zum Beispiel Nachrichtensendungen im Programm führen zu müssen. Es wird bei S1 deshalb weder Nachrichten- noch Sport- oder Live-Studioproduktionen geben.

Gut: Schliesslich hat sich auch der Fernsehwerbemarkt äusserst positiv entwickelt. Um noch einmal kurz auf 3+ zurückzukommen: Der Sender spricht ein junges Zielpublikum an und setzt seinen Programmschwerpunkt vor allem auf US-amerikanische Serienproduktionen. S1 verfolgt einen vollkommen anderen Ansatz.

Welches Zielpublikum hat S1 vor Augen?

Gut: Es sind Zuschauer ab 35, die intensiv am Geschäftsleben teilnehmen, vielleicht gerade eine Familie gegründet haben, die engagiert und kaufkräftig sind. Kurz gesagt: Sie stehen mitten im Leben. Sie empfinden manchmal auch ein wenig Nostalgie, denken gern an ihre Jugendzeit in den 80ern zurück, als ihr Alltag noch nicht so hektisch erschien und nicht alles problematisiert wurde. Wenn sie S1 einschalten, wird das unterhaltsame Entspannung sein, ein Heimkommen. Unser Slogan lautet nicht von ungefähr: «Willkommen zu Hause».

Das klingt nach Prozac im TV-Format, nach Antidepressiva aus dem Flatscreen. Wie sieht ein solches Programm aus?

Lussi: Der Tag startet jeweils mit einem qualitativ hochwertigen Kinderprogramm. Einen hohen Stellenwert wird auf S1 auch der Schweizer Dokumentarfilm haben, ebenso der Schweizer Spielfilm. Auch deutsche und skandinavische Krimis werden wir abends ausstrahlen. Zusätzlich werden wir Kochsendungen im Programm führen, die wir teilweise vom ZDF übernehmen, wie zum Beispiel «Lanz kocht!». Wir konzentrieren uns auf Bewährtes, das bereits da ist. Eine Qualität, die im Ehrgeiz, immer Neues schaffen zu wollen, oft verloren geht.

Trotzdem: Haben sich die Zuschauer an der Flut von Kochsendungen nicht ein wenig sattgesehen?

Lussi: Im Gegenteil. Kochsendungen laufen immer noch sehr erfolgreich. Die Köche sind zu Stars geworden, so eine Sendung aktiviert Genuss, das Gefühl eines Lebensstils, und gerade dann ist das Medium Fernsehen schliesslich am attraktivsten.

Fischen Sie mit Ihrem angepeilten Zielpublikum eigentlich nicht im selben Teich wie SRF?

Gut: Nein. Der durchschnittliche Zuschauer bei SRF ist heute gegen 60 Jahre alt. Das junge Fernsehpublikum wiederum schaltet sich bei 3+ oder deutschen Privatsendern ein. Wir holen jetzt mit S1 die Generationen dazwischen ab. Genau das hat in der Schweizer TV-Landschaft bisher gefehlt.

Welchen Marktanteil streben Sie eigentlich mit S 1 an?

Lussi: Bis Ende Jahr planen wir einen Marktanteil von 0,5 Prozent. Ende 2014 erwarten wir dann 1 Prozent. Als Fernziel haben wir uns 2,5 Prozent gesteckt.

Es heisst, Sie wollten Filippo Leuten­egger mit einer eigenen «Politarena» ins Fernsehboot zurückholen. Können Sie das Revival bestätigen?

Gut: Tatsächlich, und wir sind froh, dass wir mit Filippo Leutenegger eine so profilierte Persönlichkeit für eine «Politarena» wieder gewinnen konnten. 

S 1 startet am 16. Oktober auf dem digitalen Netz der Cablecom. Im Verlauf des ersten Quartals 2014 wird der Sender voraussichtlich auch im Netz der Swisscom aufgeschaltet. 

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