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Interview

Wo bleibt der Sommer? Betriebsleiterin Kristina von Holt im Freibad Letzigraben. Bild: GH

"Immer Gäste, auch wenn es regnet"

Von: Ginger Hebel

19. August 2014

Verwaiste Liegewiesen, halb leere Schwimmbecken. Der Sommer fiel in Zürich ins Wasser. Doch im Letzigraben schwimmen die ganz Mutigen auch bei Regen.

Kristina von Holt (42) arbeitet seit sieben Jahren in Freibädern, das ist ihre erste Saison als Betriebsleiterin im Freibad ­Letzigraben. Wie ihre Zwischenbilanz aussieht und warum es auch bei Regen in einer Badi viel zu tun gibt.

 

Tagblatt der Stadt Zürich: Kristina von Holt, man spricht vom schlimmsten Sommer seit Jahren. Sie sind fast jeden Tag im Freibad. Wie lautet Ihr bisheriges Fazit?

Kristina von Holt: Wir sind sehr gut gestartet im Mai, hatten Super-Pfingsten mit über 8000 Besuchern am Pfingstmontag – ein Rekord. Leider ist der Sommer eingebrochen, wir verzeichnen viel weniger Eintritte als in anderen Jahren, in den Sommerferien war das Kinder­publikum kleiner, die Temperaturen waren zu frisch, das Kinderlachen hat ­gefehlt. Aber wir haben immer Gäste, auch wenn es regnet. Sie schätzen es, dass wir bei jeder Witterung von 7 bis 20 Uhr offen haben.

Was sind da für Leute, die um sieben Uhr morgens bei 12 Grad und Regen ­schwimmen gehen?

Frühschwimmer, Sportler, die für einen Triathlon trainieren und solche, die die Atmosphäre und die Luft im Hallenbad nicht mögen. Morgens um sieben stehen durchschnittlich 20 Leute vor dem ­Eingang, darunter einige, die gerade ­dieses kühle Wetter lieben, weil sie dann das Schwimmbecken praktisch für sich ­alleine haben. Zudem sind die Wassertemperaturen mit aktuell 21 Grad hier im Letzigraben angenehm.

Wie beschäftigen Sie sich, wenn es ­regnet?

Hinter den Kulissen gibt es immer viel zu tun. Unser Freibad ist ein von Max Frisch gestaltetes Bad. Viele Leute kommen, um sich die Architektur und den Park anzusehen. Die Anlage ist gross und arbeitsaufwendig. Wir benötigen alleine ­einen ganzen Morgen, um die Liegewiesen von Blättern und Ästen zu befreien, auch die Wasseraufbereitungsanlage nimmt viel Zeit in Anspruch. Und dann sind wir Bademeister auch alle Rettungsschwimmer, wir nutzen das schlechte Wetter, um zu trainieren. Wir sitzen also nicht hier und drehen Däumchen.

Bei schlechtem Wetter erinnert das Freibad mehr an einen grossen Park als an eine Badi. Wie sieht es hier an einem ­heissen Sommertag aus?

Dann sieht man keine Wiese mehr und kein Wasser, nur noch Menschen. Es kommen die Stammgäste aus dem ­Quartier, die Jugendlichen toben im ­Wellenbad, Kinder planschen, ­Gäste ­grillieren. Ich beobachte gerne die pro­fessionellen Schwimmer, jeder hat ­einen eigenen Schwimmstil, das ist spannend. Wir haben permanente Aufsicht, wechseln uns stündlich ab, damit die Kon­zentration nicht nachlässt. Oft wollen die Leute Tipps von uns, wie sie schneller schwimmen können oder eleganter.

Die Wetterschmöcker und Meteorologen prophezeien das Sommer-Aus. Glauben Sie das?

Wir sind immer im Gespräch mit ­Gästen, die verzweifelt fragen, wo der ­Sommer bleibt. Unsere Aufgabe ist es, die Leute aufzuheitern. Unser Freibad ist noch bis am 15. September offen, ­hoffentlich gibt der Sommer nochmals Gas.

 

Seit Saisonstart am 10. Mai haben bis am letzten Sonntagabend 993 307 Personen die Sommerbadeanlagen der Stadt Zürich ­besucht. 2013 waren es 1,6 Millionen.

Die auf den 20. August verschobene ­Seeüberquerung findet aufgrund der ­tiefen Temperaturen definitiv nicht statt. In der dreissigjährigen Geschichte ist der ­Anlass viermal ausgefallen, das letzte Mal 2007. Das Limmatschwimmen wurde auf den 30. August verschoben.

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