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Interview

Noam Jenal (17) hat sich vom Selfie-Druck befreit und wirbt jetzt für Pro Juventute.Bild: CLA

Jugendliche süchtig nach Likes

Von: Clarissa Rohrbach

21. Oktober 2014

Jugendliche litten unter dem Druck, sich mit perfekten Selfies im Internet profilieren zu müssen, sagt Pro Juventute. Nun hat die Stiftung eine Kampagne lanciert, damit Mädchen und Jungs ihren Selbstwert im echten Leben finden. Der Zürcher Noam Jenal (17), Hauptdarsteller des TV-Spots, über die Macht der Idealbilder.

Noam, du hast früher viele Selbstporträts auf Facebook und Instagram gepostet. Wieso?
Noam Jenal: Wenn man online Bilder von sich postet und andere diese liken, ist das eine Art Bestätigung, wie ein Kompliment. Wenn man viele Likes erhält, fühlt man sich gut. Als ich früher abends ein Bild ins Internet stellte, griff ich morgens als Erstes zum Handy, um zu sehen, ob es gut ankommt. Fast wie ein Süchtiger.


Wieso sind Social Media für Jugend­liche so wichtig?
Bei uns läuft alles übers Internet. Dort bekommt man Aufmerksamkeit, macht sich einen Namen. Viele Jugendliche sind unsicher. Wenn ihre Fotos gelikt werden, fühlen sie sich bestätigt und zugehörig. Auch scheue Jungs liken erst mal das Bild eines Mädchen, um anzubandeln. Das ist einfacher, als sie anzusprechen.


Sind Leute, die auf Facebook populär sind, in der Realität auch beliebter?

Leider ja. Das sind in der Schule die Szenis, sie sind hübscher, ziehen sich besser an und machen die coolsten Posts. Jeder will so sein, so entsteht der Gruppendruck. Dabei werden im Versuch, speziell zu sein, wieder alle gleich.


Den Druck, dazugehören zu wollen, gibt es bei Jugendlichen seit eh und je. Was ist heute anders?
Viele sind heute nonstop online, es ist schwierig, sich abzugrenzen. So gibt es nie wirklich Ruhe vor dem Stress, sich profilieren zu müssen. Auch weil heute jeder Popstar auf Instagram ist und so die Massstäbe extrem hoch setzt. Man fühlt sich von der ganzen Welt bewertet.


Du hast dich jetzt vom Selfie-Druck befreit. Wie?
Ein Bild zu schiessen und es danach zu bearbeiten, das kann jeder. Ich habe verstanden, dass das Leben nicht immer die «Best Party Ever» sein kann. Ich habe mich auf mich selber konzentriert, auf das, was mir guttut, und auf die Freunde, die ich wirklich mag. Ich stehe jetzt einfach zu dem, was ich wirklich bin.


Laut einer Umfrage von Pro Juventute leidet ein Fünftel der Jugendlichen so sehr, dass es auch zu Depressionen kommen kann. Kennst du so jemanden?
Nein, denn jemand, der darunter leidet, würde das in der Schule nicht sagen. Er hätte Angst, sich blosszustellen. Und die Eltern verstehen oft nicht, was auf Facebook ab­geht. Aber was online läuft, gehört auch zum Leben der Jungen. Es wäre gut, wenn sich Eltern dafür interessierten.

147 – Notrufnummer von Pro Juventute
www.projuventute.ch/echtesleben

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