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Interview

Meilenstein für den ÖV oder Verkehrs-GAU?

11. November 2014

Am 30. November stimmen wir über das Hardbrücke-Tram ab. In unserem Pro und Kontra nehmen Roland Munz (SP) und Roland Scheck (SVP) Stellung.

PRO

Roland Munz, die VBZ meinen, die Tramverbindung Hardbrücke sei dringend nötig. Ist das so?


Roland Munz: In Zürich-West schiessen Wohn- und Geschäftshäuser aus dem Boden. Die Busse am Bahnhof Hardbrücke sind übervoll, und viel mehr Busse bringt man nicht über Verkehrsknoten wie den Albisriederplatz. Damit Zürich-West für die Zukunft vernünftig erschlossen wird, braucht es ein leistungs­fähigeres Transportmittel: Ein Tram fasst zwei- bis dreimal so viele Passagiere wie ein Gelenktrolleybus.


Wie profitieren die ÖV-Nutzer?


Wer aus dem Herzen des Kreis 4 nach Zürich-West möchte (und umgekehrt), wird gewinnen. Es entsteht endlich eine direkte Verbindung, die bislang fehlte. Und es profitieren alle, die am Bahnhof Hardbrücke die S-Bahn benützen: Heute sind das pro Tag 45 000 Personen, bald werden es dank des Booms in Zürich-West 70 000 sein. Das brächte das Bussystem ohne Tram zum Zusammenbruch.


Das Tram erschliesst nur 700 Meter. Dafür bezahlt der Kanton 130 Millionen Franken. Die Gegner meinen, das sei eine Geldverschwendung.


Der Kantonsanteil an den Kosten wird dem ÖV-Fonds entnommen. Das Geld ist dort bereits vorhanden, kantonales Steuergeld wird gar nicht eingesetzt. Würde das Tram Hardbrücke nicht realisiert, würden aus dem Fonds einfach andere, aber nicht so dringende ÖV-Vorhaben gebaut. 30 der 130 Millionen sind für den sowieso nötigen Ausbau des Bahnhofs Hardbrücke vorgesehen.


Die Hardbrücke ist auch für Autos eine wichtige Route, doch mit dem Tram wird der Verkehrsfluss ständig unterbrochen. Ist das nicht eine Schikane des Privatverkehrs?


Der grösste Stau auf der Hardbrücke bildet sich Richtung Buch­eggplatz. Wo das Tram vorgesehen ist, zwischen Hardplatz und Pfingstweid, herrscht hingegen ein Drittel weniger Verkehr. Hier gibt es genug Raum, damit alle paar Minuten ein Tram kreuzen kann, ohne dass der Strassenverkehr gestört wird. Weil der jetzt ungeregelte Fussgängerstreifen am Hardplatz dank der Tramkreuzung ein Lichtsignal erhält, würden Verkehrsfluss und Sicherheit da sogar gewinnen. (CLARISSA ROHRBACH)

KONTRA

Roland Scheck, wie stellen Sie sich die Hardbrücke 2018 vor?

Roland Scheck: Die Harbrücke wird einen weit verbreiteten Ruf als Nadelöhr haben. Tram, Bus und Auto werden sich gegenseitig behindern. Allerdings wird die Hardbrücke und die gesamte Nord-West-Achse an Bedeutung verlieren, denn mit der Tramverbindung Hardbrücke schadet sich die Stadt selbst. Wird die wichtigste Ein- und Ausfallachse in ihrer Kapazität reduziert, hat dies negative Folgen auf den Wirtschaftsstandort Zürich.

Sie befürchten einen neuen, zementierten Kampfschauplatz in der städtischen Verkehrsdebatte?

Die Konflikte zwischen Bus, Tram und Auto werden wohl zum Dauer­thema auf der politischen Agenda. Dadurch entstehen beim öffentlichen Verkehr Verlustzeiten und beim motorisierten Individualverkehr Stauzeiten.

Die Befürworter argumentieren, langfristig würden die Busse der wachsenden Anzahl Fahrgäste nicht mehr genügen. Die Gegner meinen: Wenn die Busse doch nicht genügen sollten, könne man günstiger und effektiver Abhilfe schaffen. Wie genau soll das aussehen?

Die Hardbrücke ist heute schon bestens durch den ÖV erschlossen. Mit den drei Buslinien kann die Verkehrsnachfrage abgedeckt werden. Sollten sich die Wachstumsprognosen bewahrheiten, kann die Kapazität dieser Buslinien zum Beispiel durch Frequenzerhöhung oder grössere Gefährte deutlich kostengünstiger erweitert werden. Wo schon drei Buslinien verkehren, braucht es nicht noch zusätzlich ein Tram.

Käme eine solche Tramlinie nicht dem Bedürfnis nach lückenloser Mobilität entgegen? Die Reisezeit verkürzt sich, das Tramnetz in der Innenstadt würde entlastet.

Alle Argumente wie die Entlastung des Hauptbahnhofs oder die Abdeckung einer steigenden Nachfrage, sind vorgeschoben. Mit der Tramverbindung Hardbrücke steht in Tat und Wahrheit nicht eine Angebotsverbesserung des öffentlichen Verkehrs im Vordergrund, sondern dessen Instrumentalisierung. Die Stadt plant, sich mithilfe dieses Trams verkehrstechnisch gegen das Kantonsgebiet abzuschotten, indem die Nord-West-Achse zu einem Verkehrspfropfen gemacht wird. Es ist unerträglich, dass die Politik sich diese Verkehrsbehinderungsmassnahme 130 Millionen Franken kosten lassen will. 130 Millionen Franken für 700 Meter Tram! Dieses  Geld könnte in sinnvolle ÖV-Projekte investiert werden. (JAN STROBEL)

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