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Interview

"Meine Heimat ist mir heilig"

21. März 2012

125 Frauen und Männer sitzen im Gemeinderat der Stadt Zürich. Wie ticken unserer Parlamentarier? Diese Woche mit Christoph Spiess, SD

Tagblatt der Stadt Zürich: Welches ist Ihr Lieblingsort in Zürich?

Christoph Spiess: Das Quartier, in dem ich aufgewachsen bin: Wiedikon. Dort insbesondere der Wiedinghügel oberhalb der Kollerwiese, von dem aus man wunderbar auf die Stadt sieht.

Was geht Ihnen in Zürich besonders auf den Keks?

Spiess: Dass man sich immer mehr auf den Füssen herumsteht. Die Dichte und das Gedränge haben ein unangenehmes Ausmass angenommen.

Wie würden Sie einem Fremden Ihr Äusseres beschreiben?

Spiess: Ein Mann mittleren Alters, etwas übergewichtig, die Haare haben sich verflüchtigt. Und der Schnauz. Ich habe ihn nach der Rekrutenschule auf Wunsch meiner damaligen Freundin und heutigen Frau wachsen lassen und seither nie mehr abrasiert.

Wer ist Ihr Vorbild oder Kindheitsheld?

Spiess: Gibt es nicht. Ich versuche meinen Weg selber zu finden. Niemand ist perfekt, und genau das müsste ein Vorbild ja sein.

Wann haben Sie das letzte Mal einen über den Durst getrunken?

Spiess: An meinem letztjährigen Geburtstagsapéro. Ich trinke gerne Weisswein, und wenn es dazu noch Käse gibt und fröhliche Menschen mit dabei sind, dann ist schnell mal eine Flasche geleert.

Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?

Spiess: Vor ein paar Wochen, aber ich möchte hier nicht sagen, warum.

Was ist Ihnen heilig?

Spiess: Meine Heimat.

Glauben Sie an Gott?

Spiess: Wenn man sieht, wie wahnsinnig komplex unser Universum ist, wie alles gleich einem Räderwerk funktioniert, das könnte ein Mensch so gar nicht konstruieren. In dem Sinne glaub ich an Gott, aber ich bin nicht religiös.

Geben Sie einem Bettler Geld?

Spiess: Ab und zu, ja, aber ich habe Mühe mit Bettlern. Wir leben in einem gut ausgebauten Sozialstaat. In Zürich müsste niemand betteln.

Sex gegen Geld. Was halten Sie davon?

Spiess: Für mich ist die Vorstellung, dass eine Frau mit mir Sex hat, weil ich ihr Geld gebe, nichts Schönes. Offensichtlich ist es aber für manche ein Bedürfnis. Solange es einvernehmlich passiert, sollte die Gesellschaft das akzeptieren.

Sie gehen mit Ihrer Frau fein essen. Was darf es pro Person höchstens kosten?

Spiess: Mir ist egal, was es kostet, solange das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Es gibt sehr gutes, günstiges Essen, aber auch wenn es mal über 100 Franken pro Person kostet, spielt das keine Rolle. Man lebt schliesslich nur einmal.

Wie hoch sind Ihre monatlichen Fixkosten?

Spiess: Die sind hoch. Wir wohnen in einem Einfamilienhaus, haben eine Tochter, die studiert, Krankenkasse, Generalabo, Auto, Steuern … Es bleibt Ende Monat auch von einem guten Lohn nicht viel übrig.

Was bereuen Sie?

Spiess: Das Leben ist eine unablässige Folge von Weggabelungen. Manchmal sind es ganz kleine, belanglose Entscheidungen, die Jahre später ungeahnte und vielleicht unerwünschte Folgen haben. Da kommt es vor, dass man sich sagt, wäre das doch damals nur ein klein wenig anders gekommen, aber bereuen …? Könnte man die Zeit tatsächlich zurückdrehen, dann würde man einfach andere Fehler machen.

Wohin wollten Sie schon immer mal verreisen?

Spiess: Nachdem ich meine Traumreise nach Grönland schon erlebt habe, würde mich Spitzbergen (norwegische Inselgruppe, Anm. d. Red.) reizen.

Wovor fürchten Sie sich?

Spiess: Vor Nachtfaltern. Überhaupt vor all diesen Tierchen, die einem an den Kopf fliegen. Darum sind mir Fledermäuse sympathisch, die haben ein Echolot.

Was wäre Ihre Henkersmahlzeit?

Spiess: Schweinsbratwurst mit Rösti und Ochsenmaulsalat.

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