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Interview

Richard Späh tritt als Präsident des städtischen Gewerbeverbandes ab. Bild: PD

"Mit mir wird sicher weiter zu rechnen sein"

Von: Jan Strobel

16. April 2013

Seit dreizehn Jahren ist er der «Mister Gewerbe» Zürichs – Richard Späh. Ende Mai allerdings gibt der Architekt sein Amt als Präsident des Gewerbeverbands der Stadt Zürich ab. Mit dem «Tagblatt» blickt er zurück auf eine bewegte Zeit und sagt, was sein unermüdliches und oft unbequemes Engagement den KMU gebracht hat.

«Tagblatt der Stadt Zürich»: Richard Späh, eigentlich hätten Sie sich doch an die Amtsbeschränkung von zwölf Jahren halten müssen. Weshalb haben Sie als Präsident des städtischen Gewerbeverbandes trotzdem weitergemacht?

Richard Späh: Vor einem Jahr befanden wir uns mitten im Kampf für die KMU-Initiative. Ein Präsidiumswechsel in dieser heissen Phase des Abstimmungskampfes wäre für unser Anliegen natürlich denkbar schlecht gewesen. Der Gewerbeverband brauchte ein Gesicht. Vorstand und Delegiertenversammlung entschieden sich deshalb für die Aufhebung der Amtszeitbeschränkung. Mein Rücktritt sollte erst nach der Abstimmung erfolgen.

Die Annahme der Initiative ist einer der grössten Erfolge in Ihrer Zeit als Präsident.

Späh: 86,2 Prozent Zustimmung der Zürcher ist ein Traumresultat. Es zeigte, wie wichtig der Bevölkerung die Anliegen der Gewerbler sind. Die Zürcher setzten ein Zeichen gegen die Schikanen von Bürokratie und Regulierungswut, welche den KMU immer wieder die Luft zum Atmen zu nehmen drohten.

Ihr Furor gegen die Bürokratie, gegen den Abbau von Parkplätzen oder das städtische Mobilitätskonzept führte regelmässig zu Spannungen mit dem Stadtrat. Wie sieht dieses Verhältnis heute aus?

Späh: Das hat sich in den letzten Jahren deutlich entspannt. Ich kann sagen, dass der Stadtrat heute ein offenes Ohr für unsere Anliegen hat. Er nimmt uns ernst, wir werden von der Verwaltung gehört. Der städtische Gewerbeverband ist wieder zu einer politischen Kraft geworden.

Manche linke Kreise sehen in den Gewerblern noch immer polternde Chnuschti, die sowieso immer rechts stehen. Was entgegnen Sie diesem Klischee?

Späh: Das ist natürlich hanebüchener Unsinn. Diese Leute vergessen, wie wichtig KMU gerade in sozialpolitischer Hinsicht sind, auch in der Ausbildung. Echte Integration findet nicht in gut gemeinten Diskussionsrunden statt, sondern an der Basis, im Betrieb, wo der Chef noch jeden seiner Angestellten persönlich mit Namen begrüsst. Die Angestellten sind nicht einfach nur Personalnummern.

Wie stehen Sie eigentlich politisch. Sie sind mit der FDP-Politikerin Carmen Walker Späh verheiratet. Hat das abgefärbt?

Späh: Ich pflege von Haus aus einen liberalen Geist, war aber zu keinem Zeitpunkt Mitglied einer Partei. Im Jahr 2000 wurde ich als Parteiloser zum Präsidenten gewählt, damals ein Novum im parteipolitisch bürgerlichen Gewerbeverband. Da herrschte anfangs natürlich auch ein gewisses Misstrauen. Mancher fragte sich: Was will der Späh eigentlich? Welche politischen Ambitionen verfolgt er wirklich? Die traditionelle bürgerliche Monopolstellung in gewerblichen Fragen hat sich heute allerdings aufgelockert. Der Gewerbeverband hat sich politisch geöffnet und ist in dieser Hinsicht neutraler geworden. Ob ich grün, rot, blau oder orange bin, spielt keine grosse Rolle mehr. Wichtig ist das gemeinsame Anliegen für ein funktionierendes Gewerbe. Als Präsident bin ich also ein klassischer Lobbyist.

Trotzdem kam es innerhalb des Gewerbeverbandes zu Grabenkämpfen. Einigen Mitgliedern war Ihre Politik zu links, anderen wurden die Beiträge zu teuer. Die Quartierverbände Wiedikon, Wipkingen, Seefeld und Kreis 4 traten schliesslich aus dem Dachverband aus.

Späh: Das hat mir sehr wehgetan. Diese Austritte, partei- und sparpolitisch motiviert, erwiesen dem Stadtzürcher Gewerbe einen Bärendienst, weil die Quartierverbände im Alleingang einfach kaum politisches Gewicht haben.

Wie steht der städtische Gewerbeverband finanziell da?

Späh: Sehr gesund. Neben den Mitgliederbeiträgen kommt ein Viertel der Einnahmen aus dem Förderverein, und wir konnten Liegenschaften erwerben, die jetzt Gewinn abwerfen.

Welche Probleme sind nach wie vor ungelöst?

Späh: Die Industrie und das Gewerbe werden regelrecht aus der Stadt verdrängt. Es herrscht ein regelrechter Raumkampf. Liegenschaften in der Industriezone werden von privaten Investoren aufgekauft und umgenutzt. Auch die Forderung nach sozialem Wohnungsbau ist laut. Oft ist dann lediglich das Erdgeschoss für das Gewerbe bestimmt. Dort zieht aber kein Schreiner ein, sondern meist nicht produzierendes Gewerbe. Hier eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden – das wird die Herausforderung der kommenden Jahre werden.

Wie sehen Ihre persönlichen Pläne aus?

Späh: Die sind noch ziemlich offen. Es liegen aber schon verschiedene Anfragen für neue, spannende Projekte auf dem Tisch. Mit mir wird sicher weiter zu rechnen sein. 

Zur Präsidentin des Stadtzürcher Gewerbeverbandes (GVZ) soll am 28. Mai Nicole Barandun-Gross gewählt werden. Die 44-jährige Rechtsanwältin und Präsidentin der CVP Kanton Zürich, wäre damit die erste Frau an der Spitze des GVZ. «Meine Wahl wäre ein wichtiges Zeichen für ein grösseres Engagement der Frauen im Gewerbeverband, der nach wie vor eher eine Männerdomäne ist», sagt Barandun-Gross gegenüber dem «Tagblatt». Die Aktivitäten des Verbandes kennt sie bestens. Immerhin sitzt sie seit fünf Jahren im Vorstand und ist politisch vernetzt. «Meine parteipolitische Ausrichtung allerdings trenne ich strikt von meiner Arbeit fürs Gewerbe.» Ein wichtiges Anliegen ist ihr auch die Einbindung von Berufsgruppen, die bisher nicht im Gewerbeverband vertreten sind.

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