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Interview

Regula Wirz Kressibucher, Leiterin Channel Management bei SRF. Bild: SRF

«Mix zwischen Tradition und Überraschung muss stimmen»

Von: Sacha Beuth

16. Dezember 2014

Selbst Personen, die den Rest des Jahres wenig mit Fernsehen anfangen können, erwarten an den Festtagen ein reichhaltiges TV-Programm voller Klassiker. Für sie gehört «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» zu Weihnachten wie Guetsli und Kerzen und «Dinner for One» zu Silvester wie Sekt und Glockengeläut. Wie genau ein solches Festtagsprogramm ­zusammengestellt wird und welche visuellen Gschänkli das Schweizer Fernsehen für sein Publikum vorbereitet hat, verrät Regula Wirz Kressibucher (47), Leiterin Channel Management bei SRF.

Tagblatt der Stadt Zürich: Regula Wirz, inwieweit unterscheidet sich ein Festtagsprogramm bei SRF vom TV-­Programm an normalen Tagen?

Regula Wirz: Wir haben grundsätzlich mehr Freiheiten, denn in diesen Tagen werden die Programmstrukturen weit­gehend aufgebrochen. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir mehr Shows und längere Dokus als gewöhnlich bringen, ­dafür aber etwa «10 vor 10» wegen der generell dünneren Nachrichtenlage an den Feiertagen aussetzen. Nur wenige Gefässe wie etwa die «Tagesschau» sind fix. Da über die Feiertage tagsüber mehr TV geschaut wird als sonst im Jahr, zeigen wir im Vor- und Nachmittagsprogramm mehr Eigenproduktionen und Erstausstrahlungen.

Wie lange dauert es, bis das Programm für Weihnachten und Neujahr ausge­arbeitet ist?

Bereits kurz nach Ende eines Festtagsprogramms beginnen wir mit dessen Auswertung und lassen die Ergebnisse in die Planung fürs nächste Jahr einfliessen. Übers Jahr werden dann einzelne Elemente wie bei einem Puzzle hinzugefügt, sodass etwa zwei Monate vor Aus­strahlung das Programm bis auf ein paar Kleinigkeiten steht.

Inwieweit orientiert sich SRF bei der Zusammenstellung am Programm der anderen TV-Anstalten?

Es gibt Vereinbarungen mit der ARD was den «Tatort» betrifft, und wir haben einige Koproduktionen wie etwa «Die Helene Fischer Show» oder den «Silvesterstadl» als wichtige Bestandteile in unserem Feiertagsprogramm. Ansonsten gibt es keine Absprachen. Auch nicht bei den Klassikern. Bei den aktuellen Blockbustern haben wir den Anspruch, diese jeweils als Erste im Free-TV auszustrahlen. Darum schauen wir immer sehr genau, was die anderen ankündigen. Das gilt jedoch nicht nur für die Festtage, sondern fürs ganze Jahr.

Geht man auch auf Zuschauer­wünsche ein?

So gut es geht, immer sehr gern. Allerdings sind die Erwartungen und Wünsche, welche die Zuschauerinnen und Zuschauer an uns richten, breit gefächert und sehr individuell. Wir versuchen darum, unser Programm möglichst vielfältig zu gestalten, damit für jeden Geschmack etwas dabei ist. Es gibt aber gerade an Weihnachten und zum Jahresübergang Programme, die da einfach erwartet werden und die wir immer gern wieder ­zeigen.

Wie wäre es mit einem Publikums-Wunschfilm über Telefon-/SMS-Abstimmung an Weihnachten oder ­Silvester, wie es früher während der Sommerferien üblich war?

Eine schöne Idee, die ich gern aufnehme. Mal schauen, bei welcher Gelegenheit und in welcher Form wir sie mal wieder aufleben lassen könnten.

Auf vielen TV-Sendern werden heute an den Festtagen immer öfter Action- und Gewaltfilme, an Silvester fast nur   noch Horrorfilme gezeigt. Vor 10, 15 Jahren war das anders, da liefen Abenteuer- und Bibelfilme, Epen und Familienserien. Woran liegt das?

Die Sehgewohnheiten unseres Publikums haben sich über die Jahre geändert. Abgesehen von den Klassikern, die Jahr für Jahr erwartet werden, grossen Familienfilmen und Feelgood-Movies gibt es über die Tage auch ein Bedürfnis nach Spannung und Abenteuer. So haben wir uns in diesem Jahr an Silvester auf SRF 2 für einen Piratenabend entschieden, indem wir u. a. die ersten beiden «Fluch der Karibik»-Filme zeigen. Gewalt- oder gar Horrorfilme kommen bei uns sowieso sehr spärlich zum Einsatz. Aber man darf nicht vergessen, dass es in der Schweiz auch Leute gibt, die Weihnachten gar nicht feiern.

Gibt es Beiträge, die man an diesen ­Tagen bewusst ausklammert?

Die kann es geben. In diesem Jahr zum Beispiel jährt sich genau am Stephanstag zum zehnten Mal die verheerende Flutkatastrophe aufgrund des Tsunamis im Indischen Ozean. Das ist für SRF natürlich ein grosses Thema, und wir werden es um den Jahrestag in der «Tagesschau» auch entsprechend aufnehmen. Allerdings haben wir entschieden, Dokumentation und Spielfilm dazu bereits vor Weihnachten einzuplanen, aus Rücksicht auf die Gefühle unserer Zuschauerinnen und Zuschauer und insbesondere von ­Direktbetroffenen und Angehörigen.

Was zeichnet also ein gutes Festtags-­­TV-­Programm aus?

Es ist reich an Emotionen, bietet viel Abwechslung für die ganze Familie und soll die Leute in ihrer weihnächtlichen Stimmung abholen. Dazu gehören Klassiker, traditionelle Feiertagsprogramme wie der Mitternachtsgottesdienst an Heiligabend oder das Neujahrskonzert, grosse Shows, neue Spielfilme und ein attraktives Sportprogramm mit Spengler-Cup und Vierschanzentournee. Aber auch Überraschendes soll nicht zu kurz kommen. Der Mix zwischen Tradition und Überraschung muss stimmen.

Dann verraten Sie uns doch bitte die konkreten Höhepunkte.

Nebst Klassikern wie etwa «Der kleine Lord», «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel», «Ben Hur» oder «Dinner for One» haben wir jede Menge Überraschungen im Köcher. So zum Beispiel am 23. 12., wo wir auf SRF 2 die sechsteilige Reihe «Hoch hinaus – Das Expeditionsteam» starten, in der die besten Bergsteiger­talente der Schweiz ermittelt und zu einem Expeditionsteam zusammengestellt werden. Am 24. 12. gibts dann auf SRF 1 die Familienweihnacht aus der Pfarreikirche Maria Krönung in Witikon, wo Kinder die Weihnachtsgeschichte nachspielen und singen. Am 25. 12. zeigen wir ebenfalls auf SRF 1 die TV-Premiere der Jugendbuchverfilmung «S chline Gspängst» ­sowie am 30. 12. einen speziellen Jahresrückblick mit prominenten Gästen. Am 1. 1. starten wir mit «Feierabend», der neusten Episode der Fami­liensaga, «Generation Teleboy», wo Hannes Hug seine «50 Jahre Radio- und Fernsehgeschichte» zu einer augenzwinkernden Verschwörungstheorie verquickt sowie «James Bond 007 – Skyfall» als Free-TV-Premiere ins neue Jahr.

Was ist Ihr Lieblings-Weihnachtsfilm?

«Doktor Schiwago» – auch wenn er keinen direkten Bezug zu Weihnachten hat, aber oft in dieser Zeit ausgestrahlt wird – und so sehr ans Herz geht. Ausserdem mag ich romantische Komödien wie «Love Actually», die man übrigens am 23. auf SRF 2 geniessen kann.

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