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Interview

"Nackte Frauen finde ich erotisch"

Von: Isabella Seemann

23. Januar 2017

Hand aufs Herz mit der Autorin und Mitbegründerin des Minitheaters Hannibal, Andrea Fischer Schulthess, die am 3. Februar im Miller’s Premiere mit grimmigen Geschichten für Erwachsene feiert.

Zürich ist meine Heimat, oft zu eng, aber ein Ort, an den ich stets gern zurückkomme und mich geborgen fühle.

Wenn ich mich in Zürich erholen möchte, dann gehe ich morgens an den See und höre ein Hörbuch oder am Nachmittag allein ins Kino.

Als erotisch empfinde ich nackte Frauen, schöne Münder und kräftige Hände.

Ich schreibe, weil ich so viel mehr als nur ein einzelnes Leben erleben kann.

Wenn ich nichts Vernünftiges zu Papier bringe, dann kümmere ich mich um den Haushalt, damit ich mir einreden kann, doch was Sinnvolles getan zu haben, schaue einen Dokfilm zu einem Thema, das mich grad beschäftigt oder ich reisse ein neues Projekt an.

Am liebsten lese ich düsterere, facettenreiche Thriller, die sich möglichst mit den Beweggründen des Täters befassen und nicht nur in ­forensischem Whodunnit-Action-Gerätsel stecken bleiben.

Ich schlafe schlecht, wenn ich ein zu grosses Stück Zukunft aufs Mal im Blick habe oder an die Lage der Menschen auf der Flucht denke und daran, wie schändlich wenig Europa und die Schweiz ihre Verantwortung ihnen gegenüber wahrnehmen.

Meine Lieblingsdestination ist, wo immer es etwas oder jemanden gibt, der mich grad interessiert, am liebsten in der Nähe eines Meeres.

An mir gefällt mir besonders, dass ich irgendwann akzeptiert habe, dass ich halt eben nicht makellos bin und das (meist) mit liebevoller Selbstironie inszenieren kann.

Meine schlechteste Eigenschaft ist mein Hang zum Grübeln.

Meine beste Eigenschaft ist meine Fähigkeit, mich in fast alles und jeden hineinzuversetzen.

Meine Eitelkeit zeigt sich in einer mit Schmuck, Schuhen, Kleidern, Haarblumen und Lidschatten übersättigten Wohnung.

Ein Wort, das mir gut gefällt, ist Schicksalsergebenheit.

Unvernünftig viel Geld gebe ich aus für Essen, Trinken und Reisen.

Am liebsten trage ich schöne ­Vintage-Kleider.

Wenn ich mich morgens im Spiegel betrachte, dann bin ich froh, dass ich schon 47 Jahre Zeit hatte, mich mit meinen angeborenen ­Augenringen auszusöhnen.

Auf meinem Grabstein soll dereinst stehen: gar nichts. Ich will keinen Grabstein. Ich möchte meine Asche zu einem Diamanten pressen lassen, ein Upgrade machen lassen, quasi.

Wenn ich an die Schweiz denke, dann merke ich, dass ich bis vor kurzem ein viel zu naives Bild hatte von meiner Heimat, sie für weitaus grossherziger und hilfsbereiter hielt, als sie es in Tat und Wahrheit ist.

Von einem Freund erwarte ich, dass wir uns gegenseitig nichts vormachen müssen und einen Streit auch mal gemeinsam bei einem Bier weglachen können. 

 

Zur Person:

Andrea Fischer Schulthess, 1969 in Zürich geboren, studierte Zoologie, wurde Lehrerin und Barfrau, dann Journalistin und Mutter und noch später Geschichtenerzählerin, Figurenspielerin und Autorin. Im März 2016 erschien Ihr Roman «Motel Terminal» im Salis-Verlag. Im Februar wird Andrea mit Vanja Crnojević von Borderfree Association Hilfsprojekte in Serbien besuchen, um eine neue Sammelaktion ihrer Fundraisingplattform Herz & Kohle (www.herzundkohle.ch) zu starten. 3. Februar, 20 Uhr, Millers Studio: Minitheater Hannibal — Ein grimmiger Abend — Schwarze Möchtegerngrosstadtneurotiker-­Storys, adults only (Premiere) www.millers-studio.ch 9. Februar, ab 19 Uhr: Benefizlesung zugunsten syrischer Flüchtlinge, mit Kafi Freitag und Martin Zingg im La Réunion, Müllerstr. 157.

www.fischer-schulthess.ch


Gewinnen Sie!

Das «Tagblatt» verlost 3× 2 Eintritte für die Premiere am 3. Februar 2017 um 20 Uhr im Miller’s. Schreiben Sie ein Mail mit Namen, Adresse, Telefon und Betreff «Hannibal» an: gewinn@tagblattzuerich.ch

 

 

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