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Interview

Freut sich auf seine Aufgabe als Nationalmannschaftsdelegierter: Der ehemalige GC- und Natistürmer Claudio Sulser. Bild: PD

«Platz eins ist eine machbare, wenn auch schwierige Aufgabe»

Von: Sacha Beuth

06. September 2016

Die Schweizer Fussballnati ist am Dienstag mit einem 2:0 gegen Portugal in die WM-Qualifikation gestartet. Neu mit dabei ist auch eine GC-Legende: Claudio Sulser. Der 60-Jährige fungiert seit August dieses Jahres als Delegierter des Nationalteams. Im «Tagblatt» spricht er über seine Aufgaben, seine Zeit in Zürich und die Quali-Chancen der Schweiz.

Claudio Sulser, seit ein paar Wochen sind Sie Delegierter der Schweizer Fussballnati. Haben Sie sich schon in Ihre neue Funktion eingelebt?

Beim Zusammenzug der Nati in Feusisberg habe ich die Mannschaft und die Abläufe kennen gelernt. Ich fühlte mich von Anfang an wohl im Team. Die Stimmung unter den Spielern und den Staff-Mitgliedern erlebe ich als sehr positiv, im Training sind die Spieler konzentriert und fokussiert auf ihre wichtige Aufgabe.

Was ist Ihre wichtigste Aufgabe?

Ich will alles dazu beitragen, dass wir den maximalen Erfolg erzielen. Dafür stelle ich mich in den Dienst der Mannschaft. Wichtig ist, dass wir alle in die gleiche Richtung arbeiten, dass die Details stimmen, auf und neben dem Platz.

Wie steht es mit der Kommunikation? Inwieweit werden Sie dort als juristisch bewanderte Fachperson Einfluss nehmen?

Ich will mich da nicht aufdrängen. Wenn mein Ratschlag gefragt ist, werde ich natürlich meinen Input geben und diesen zusammen mit dem Betreffenden oder dem Team besprechen.

Als Stürmer spielten Sie 50-mal für die Schweiz und erzielten dabei 13 Tore. Wenn Sie die Nati von damals mit der von heute vergleichen, was stellen Sie dabei fest?

Die Nationalmannschaft hat sich enorm weiterentwickelt. Die Spieler heute treten viel mutiger und selbstbewusster auf. In den letzten Jahren war die Schweiz dreimal hintereinander an einer Weltmeisterschaft, zu meiner Zeit war diese Qualifikation ein unerreichtes Ziel. Darum sehen viele eine Endrundenteilnahme nun als selbstverständlich an.

Andererseits fehlt der aktuellen Nati ein Vollstrecker im Stil eines Claudio Sulser. Gibt es diesen Typ Fussballer nicht mehr?

Das würde ich so nicht sagen. Wir haben viele ausserordentliche Spieler im Team, die sehr grosses Potenzial haben. Und es müssen nicht immer die Stürmer die Tore schiessen.

Bei den GC-Fans geniessen Sie Legendenstatus. Welche Beziehungen haben Sie noch zu den Grasshoppers und zu Zürich?

Ich würde mich nicht als Legende bezeichnen. Legenden sind etwas anderes. Ich treffe von Zeit zu Zeit ehemalige Mitspieler, mit denen ich mich gerne über die Vergangenheit unterhalte.

An welches Erlebnis mit GC erinnern Sie sich noch besonders gern?

Da gibt es viele. Was aber heraussticht, sind die Spiele 1978 gegen Real Madrid, als wir diese grosse Mannschaft im Europacup der Meister (Vorläufer der Champions League, die Red.) eliminiert haben.

Einmal wären Sie beinahe zu Inter Mailand gewechselt, was vielen GC-Fans schlaflose Nächte bereitete. Warum hat der Transfer doch nicht geklappt?

Ich war mitten in meinem Jurastudium und wollte dies unbedingt abschliessen. Ausserdem stand in diesem Jahr die Hochzeit mit meiner Partnerin an, und nicht zuletzt war ich gerne in Zürich und fühlte mich bei GC sehr wohl.

Warum sind Sie nach Beendigung Ihrer Karriere nicht beim Fussball geblieben und Trainer geworden, statt sich auf Ihren Beruf als Rechtsanwalt zu konzentrieren?

Das hat sich nach meiner Karriere so ergeben. Schon während meiner Zeit als Profifussballer gab es für mich immer eine Welt neben dem Fussballplatz. Ich brauche immer einen Ausgleich.

Zum Schluss eine Prognose. Schafft es die Schweiz auf direktem Weg an die WM-Endrunde in Russland?

Unser Ziel ist die direkte Qualifikation, also der erste Gruppenrang. Dies ist eine machbare, wenn auch sehr schwierige Aufgabe, die ausserordentliche Leistungen erfordert. Wir müssen unter anderem den Europameister Portugal hinter uns lassen. Ein Anfang dazu ist mit dem gestrigen 2:0 gemacht. Werden wir Gruppenzweiter, müssten wir in die Barrage, was wir lieber verhindern möchten.

Zur Person

Claudio Sulser kam am 8. Oktober 1955 in Sorengo (Lugano) zur Welt. Seine Karriere als Fussballer begann er 1973 bei Mendrisio Star, zog 1974 zu Vevey-Sports und 1977 schliesslich zu den Grasshoppers. Für die Zürcher erzielte er in 192 Partien 100 Tore und reifte auch zum Nationalspieler (50 Spiele, 13 Tore). 1986 wechselte er zum FC Lugano, wo er 1987 seine Karriere beendete. In der Folge war er nicht nur als Rechts­anwalt tätig, sondern auch GC-Verwaltungsrat, Präsident der ­Fifa-Ethikkommission. Nebst seiner Funktion als Nationalmannschaftsdelegierter ist er auch Präsident einer Tessiner Privatbank und Vorsitzender der Fifa-Disziplinarkommission.

WM-Qualifikation 2018:
Die «Schweizer» Gruppe:

Die Schweiz befindet sich zusammen mit Europameister Portugal, Ungarn, Lettland, Andorra und den Färöern in der Gruppe B. Nur der Gruppenerste qualifiziert sich direkt für die WM-Endrunde in Russland, die vom 14. Juni bis zum 15. Juli 2018 ausgetragen wird. Im Anschluss an die Gruppenphase werden die verbliebenen vier Startplätze in Play-offs (Hin- und Rückspiel) zwischen den acht besten Gruppenzweiten vergeben. Nach dem gestrigen Start in Basel gegen Portugal (2:0) trifft die Schweiz als Nächstes am 7. Oktober auswärts auf Ungarn.

Lesen Sie auch unsere Rubrik "Was macht eigentlich..." über Claudio Sulser. Klicken Sie hier

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